
Der Mauerläufer
Bergsteiger unter den Vögeln!
Nicht nur in der Luft ist der Mauerläufer in seinem Element. Der besondere Vogel bewegt sich nämlich auch auf dem Boden mehr als geschickt fort. Dabei klettern, hüpfen und flattern Mauerläufer beinahe spielerisch anmutend sogar senkrechte Bergwände empor.
Auch wenn sein Aussehen sowie seine imposanten Kletterkünste ihn deutlich von anderen heimischen Vogelarten abheben, so ist der Mauerläufer dennoch vielen gänzlich unbekannt. Dies mag einerseits an seinen geringen Bestandszahlen, aber vor allem auch an seinem spezifischen Lebensraum liegen. Vergleicht man ihn zudem mit allgegenwärtigen Vögeln wie etwa Amseln oder Meisen, so könnte man denken, dass es sich beim Mauerläufer gar um einen Vogel aus exotischeren Ländern handelt, der sich lediglich nach Österreich verirrt hat. Im Grunde genommen sind Mauerläufer mit sehr viel Glück, Geduld und vor allem dem Wissen, wann und wo man Ausschau halten muss, ganzjährig bei uns zu finden.
So sieht er aus, der Mauerläufer
Auf den ersten Blick mag der Mauerläufer vielleicht etwas monoton erscheinen. Das Gefieder des etwa siebzehn Zentimeter großen Vogels ist nämlich größtenteils silbrig grau und schwarz gefärbt. Dies hat einen ganz einfachen Grund: Der geschickte Kletterer verschmilzt so mit seiner Umgebung und ist dadurch beim Klettern in Felswänden perfekt vor Fressfeinden getarnt.
Wer sich beim Beobachten nun fragt, welches optische Merkmal den Mauerläufer gar ein wenig exotisch wirken lassen soll, der muss nur darauf warten, bis er sich mit weit ausgebreiteten Flügeln in die Lüfte erhebt. Zwar blitzt der rote Farbakzent auch bei angelegten Flügeln bereits hervor, richtig zur Geltung kommt er jedoch erst im Flug. So gut getarnt wie er beim Klettern in Felswänden auch sein mag, so auffällig ist er beim Fliegen. Zum leuchtenden Rot bilden zudem weiße sowie schwarze Farbakzente einen kräftigen Kontrast. Neben der Färbung selbst fällt zudem auf, dass die Flügel der Mauerläufer im Verhältnis zum restlichen Körper groß ausfallen. Dieses Verhältnis ermöglicht es den Vögeln, mit nur wenig Energieaufwand durch Nutzung von Aufwinden in kurzer Zeit große Höhen zu erreichen.
Männchen und Weibchen unterscheiden sich kaum. Lediglich die Gefiederfärbung von Brust und Kehle kann als eindeutiges Unterscheidungsmerkmal herangezogen werden. Während diese Körperpartie beim Männchen schwarz ausfällt, ist sie beim Weibchen weiß. Beide sind zudem mit einem langen, dünnen Schnabel ausgestattet. Dieser ähnelt deutlich dem des Baumläufers und eignet sich hervorragend für die Jagd nach Insekten. Ein ebenso nützliches und außerordentlich an den Lebensraum angepasstes Werkzeug stellen die Krallen dar. Sie ermöglichen Mauerläufern das spielerisch anmutende Fortbewegen auf schroffen und sogar senkrechten Steinwänden.





Lebensraum & Lebensweise
Der Mauerläufer ist in Hochgebirgszonen Europas und Asiens beheimatet. Als europäische Beispiele sind hierbei etwa die Alpen oder die Pyrenäen zu nennen. Ihr bevorzugter Lebensraum ist neben den geringen Bestandszahlen vor allem der Grund dafür, weshalb sie trotz auffälligem Gefieder kaum bekannt sind, obwohl man sie ganzjährig antreffen kann. Mauerläufer begeben sich nämlich nicht wie andere Vögel auf lange Flugreisen, um in wärmeren Regionen zu überwintern. Was jedoch vorkommen kann, ist, dass in der kalten Jahreszeit aus hohen in Richtung tieferer Lagen oder gar Täler abgestiegen wird. Meist ist dies der Fall, wenn sie durch Witterung oder mangelndes Nahrungsangebot dazu gezwungen werden. Geeignete Winterquartiere sind schlicht, tiefer gelegene Felswände, Steinbrüche und äußerst selten sogar Mauern von beispielsweise Ruinen, Kirchen oder Altstädten.
Felswände stellen für den Mauerläufer ein unverzichtbares Element ihres Lebensraums dar, weil sie zu den sogenannten Höhlenbrütern zählen. Für die nur einmal im Jahr erfolgende Brut werden vom Weibchen in eine Felshöhle in luftiger Höhe drei bis fünf ovale, spitz zulaufende Eier gelegt. Die Höhle ist insbesondere deshalb so abgelegen, damit das Gelege möglichst gut vor potenziellen Fressfeinden wie Mardern oder etwa Hermelinen geschützt ist. Äußerst beliebt sind hierbei Standorte, die eine gute Mischung aus Sonne und Schatten bieten. Bevor im Mai vom Weibchen mit der Brut begonnen werden kann, wird die Bruthöhle zuvor noch mit Moosen, Flechten, Pflanzenwolle, Tierhaaren oder Federn ausgekleidet. Dies dient einerseits dem Komfort und andererseits der Isolierung. Neben der bereits erwähnten Form ist außerdem die Färbung der Eier auffällig. Sie sind weiß gefärbt und zudem rotbraun gesprenkelt. Die Pflege der Nachkömmlinge wird gleichermaßen von beiden Elternteilen vollzogen. Als Nahrung dienen proteinreiche Insekten und Spinnen. Diese werden geschickt im Flug oder aber mit Hilfe des spitzen Schnabels aus Felsspalten und Ritzen heraus gestochert.
Da Mauerläufer aufgrund der an die Umgebung angepassten Gefiederfarbe nur äußerst schwer zu entdecken sind, lohnt es sich, auf den Gesang der Vögel zu achten. Zwar handelt es sich beim Mauerläufer um einen eher schweigsamen Vogel, dennoch können seine verschiedenen aneinander gereihten Pfeiftöne durchaus gehört werden. Gesungen wird das ganze Jahr über und besonders gerne beim Klettern. Ihre Pfeiftöne steigen immer weiter an, bis sie in einem lang gehaltenen Pfiff enden.

Der Mauerläufer
Lateinisch: Tichodroma muraria
Familie: Mauerläufer (Tichodromidae)
Größe: 15 – 17 cm
Gewicht: 13 – 20 g
Verbreitung: Hochgebirgszonen Europas und Asiens
Nahrung: Insekten, Spinnen
Lebensraum: Hochgebirge, Felswände
Zugverhalten: ganzjährig anzutreffen
Brutzeit: Mai – Juli
Status: nicht gefährdet, jedoch äußerst selten
Der Mauerläufer in Österreich
Mauerläufer gelten bei uns prinzipiell nicht als gefährdet, sind jedoch aufgrund ihrer geringen Brutpaarzahl dennoch äußerst selten und demnach anfälliger als andere Arten. Geringe Brutpaarzahlen bedeuten nämlich, dass jede negative Veränderung auf ihren Lebensraum verheerende Folgen für die Art haben könnte. Der zunehmende Bergtourismus stellt für den Mauerläufer eine solch potenzielle Belastung dar. Einst abgelegene Gebiete werden erschlossen und Ruhezonen oder -zeiten oftmals nicht eingehalten. Besonders Aktivitäten, welche unmittelbar im Lebensraum der Mauerläufer stattfinden, wie beispielsweise das Klettern in Felswänden, können zu einer großen Belastung für heimische Mauerläuferpopulationen werden.
Es ist generell wichtig, jedoch speziell während der Balz- und Brutzeit, dass Rücksicht auf den Lebensraum und die Lebensweise der besonderen Vögel genommen wird, um einer Verdrängung entgegenzuwirken.
Vogelportrait von Jakob Kuhn