Wie reagieren Obstgehölze auf Stress?

Jedes Jahr werden unsere Obstgehölze durch Kälte, Hitze, Trockenheit, Feuchtigkeit, durch Umweltverschmutzung oder Ozon in Stresssituationen gebracht, auf die die Obstarten und innerhalb dieser die Sorten selbst verschieden stark reagieren.

 

Wie sich der Stress auswirken kann, lässt sich nur vermuten. Das Jahr 2024 mit Regen im Frühjahr, gefolgt von extremer Hitze im Sommer und enormen Regenmengen im Herbst haben die Obstbäume in einen noch nie dagewesenen Stress gebracht. Schon im Monat April trat das Marillensterben (Apoplexie), auch im Obstland des Zentralverbandes, verstärkt auf. Die Ursachen dafür sind aber wahrscheinlich auch auf den Witterungsverlauf, nach Meinung von Fachleuten, auf das Jahr 2023 zurückzuführen, weil in den letzten Jahren immer wieder mit ungewöhnlich hohen Temperaturen und nicht ausreichend Regenfällen in den Sommermonaten der Stress der Obstbäume anstieg. Mit Trockenheit und Hitze wirkten hier zwei Stressfaktoren auf die Obstgehölze ein, die zu dem sogenannten „multiplen Stress“ führen.

Grundsätzlich können die Obstgehölze kurze Stresssituationen problemlos überstehen. Dauern sie aber länger an, kommt es zu irreversiblen Schäden. Dabei kann auch ein geringer Stress, der aber über einen längeren Zeitraum anhält, die vegetative und die generative Entwicklung erheblich stören.

Um nachhaltige Schäden an den Obstgehölzen zuordnen zu können, wurde ein 4 Phasenmodell entwickelt:

 

Phase 1 – Die Alarmphase:

Der physiologische Prozess kann in den Obstgehölzen nicht normal ablaufen. Blätter beginnen bei hohen Temperaturen zu welken, da der Stoffwechsel und die biochemischen Vorgänge gestört sind. Kommt es zu keiner Erholung, sondern zur Überschreitung der Widerstandsgrenze, kann es zu Schädigungen bzw. zum Zusammenbruch betroffener Zellen oder ganzer Gewebeteile kommen.

 

Phase 2 - Die Widerstandsphase:

Es werden spezifische Abwehrreaktionen von den Obstgehölzen eingeleitet. Auf diese Weise kann eine gesteigerte Widerstandskraft entstehen, die man auch als Abhärtung bezeichnen kann. Es tritt die sogenannte maximale Resistenz auf.

 

Phase 3 – Die Erschöpfungsphase:

Halten die Belastungen länger an, entstehen irreversible, chronische Schäden, die im Extremfall zum Absterben von Trieben und Zweigen oder ganzer Bäume führen.

 

Phase 4 – Die Regenerationsphase:

Die Obstgehölze erholen sich, nachdem die Stresseinwirkung aufgehört hat. Danach können sie bei nochmaliger Belastung widerstandsfähiger sein, wenn keine chronischen Schädigungen entstanden sind. Stress kann aber unter Umständen auch positive Auswirkungen haben. So können dadurch auch gewünschte Mutationen entstehen.

 

Wie stark sich die Stresssituationen auswirken, ist auch vom Alter und dem allgemeinen Zustand der Obstgehölze abhängig. Werden sie überhaupt keinem Stress ausgesetzt, kann es zu einer „Verweichlichung“ kommen, die sich in Abwehrschwächen äußert. Deshalb sind auch Gewächshauspflanzen gegenüber Freilandpflanzen weniger widerstandsfähig.

Die heutigen Züchtungen und Selektionsarbeiten, unter Einbindung moderner Techniken, sind heute darauf ausgerichtet, Stresssituationen besser zu überwinden.

 

Obstgarten von Dipl. Ing. Peter Modl


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