Der Fichtenkreuzschnabel
Vogel mit Kreuzbiss!
Die Natur zeigt immer wieder, wie anpassungsfähig sie ist. Dies kann oftmals dazu führen, dass Tiere in ihren Lebensräumen zu wahren Spezialisten hinsichtlich unterschiedlichster Verhaltensweisen werden. Das kann zwar äußerst hilfreich, etwa bei der Nahrungsaufnahme sein, kann jedoch auch dazu führen, dass vermeintlich kleine Einflüsse, große Auswirkungen auf eine Art haben können
Die Spezialisierung des Fichtenkreuzschnabels ist anhand seines Namens zu erahnen. Die besondere Leidenschaft für sein Hauptfutter hat über viele Jahre der Evolution zu einer Anpassung seines Schnabels geführt. Was von außen als eine Fehlbildung betrachtet werden könnte, ist in Wahrheit die geschickte Adaption des Schnabels an beziehungsweise durch das Fressverhalten des interessanten Vogels. Wie genau und wofür der gekreuzte Schnabel genutzt wird, hebt den Fichtenkreuzschnabel nicht nur von anderen heimischen Vögeln ab, sondern macht ihn gar zu einem wahren Spezialisten.
So sieht er aus, der Fichtenkreuzschnabel
Der zwischen sechzehn und siebzehn Zentimeter große Fichtenkreuzschnabel hat eine gedrungene Gestalt. Sowohl Kopf, Krallen als auch der Schnabel machen einen vergleichsweise großen Eindruck. Gewissermaßen erinnert der Finkenvogel dadurch ganz entfernt und mit ein wenig Fantasie an die Gestalt eines Papageis. Seine Schwanzfedern sind kurz und gegabelt. Umso länger erscheinen im Verhältnis seine Flügel. Die Farben seines Federkleids variieren je nach Geschlecht und Alter. Männliche Fichtenkreuzschnäbel sind überwiegend in einem satten Ziegelrot gefärbt. Bestimmte Farbakzente sind in Form verschiedener Brauntöne auf Schwanzfedern und etwa den Flügeln zu finden. Weibchen sind in den meisten Fällen recht gut von den Männchen zu unterscheiden. Ihr Gefieder ist nämlich gelbgrün gefärbt und stellt damit einen deutlichen Kontrast zu dem der männlichen Artgenossen dar. Das namensgebende und damit wohl markanteste Erkennungsmerkmal des Fichtenkreuzschnabels ist sein unverkennbarer Schnabel. Er ist neben seiner Gestalt der Hauptgrund, weshalb eine Verwechslung mit anderen heimischen Vögeln eigentlich so gut wie unmöglich ist.
Lebensraum & Lebensweise
Es dürfte wohl niemanden verwundern, dass der bevorzugte Lebensraum eines Fichtenkreuzschnabels in dichten Fichtenwäldern liegt. Etwas genauer gesagt besiedeln sie vor allem Nadelwälder in höheren Lagen. Im Bereich von Mittelgebirge bis zur Baumgrenze findet man sie am häufigsten. Zwar sind sie gelegentlich auch in tieferen Lagen anzutreffen, dies stellt jedoch die Ausnahme dar. Wer sich also auf die Suche nach dem interessanten Vogel begeben möchte, sollte dies definitiv in höher gelegenen Nadelwäldern tun. Die Wahl für diesen Lebensraum ist einfach erklärt. Die Hauptnahrung des Fichtenkreuzschnabels besteht nämlich aus Samen. Selbstverständlich nicht aus völlig beliebigen, sondern primär denen von Fichten und anderen Nadelgehölzen. Kein Wunder, ist sein Schnabel doch genau zum Verspeisen dieser begehrten Leckerbissen derart außergewöhnlich geformt. Die von außen, wie eine Fehlstellung erscheinende Schnabelform ermöglicht dem Finken nämlich an die gut geschützten Samen zu gelangen, wie es kaum eine andere Vogelart schafft. Dazu setzt der Vogel geschickt seine gekreuzten Schnabelspitzen auf den Schuppen der Zapfen an, biegt diese auseinander, um so beinahe spielerisch an die energiereichen Samen zu gelangen. Je nach Angebot wird auch auf Knospen, Früchte oder krautige Pflanzen zurückgegriffen. Besonders in den wärmeren Monaten des Jahres stehen neben der rein pflanzlichen Nahrung auch Insektenlarven, Läuse oder Spinnen auf dem Speiseplan.
Ein weiterer interessanter Fakt zum Schnabel des Fichtenkreuzschnabels ist außerdem, dass die Spitze der unteren Schnabelhälfte je nach Individuum entweder nach links oder nach rechts gebogen ist. Je nachdem muss der Vogel seinen Kopf neigen und in eine spezielle Position bringen, um die Samen aus den Zapfen holen zu können. Bei Untersuchungen wurde festgestellt, dass sich aufgrund dieser einseitigen Belastung auch die Kiefer- und Halsmuskulatur ungleich entwickelt.
Eine weitere Verhaltensweise, die den Fichtenkreuzschnabel von vielen anderen heimischen Vögeln unterscheidet, ist jene bei der Brut. Die Zapfenspezialisten haben nämlich nicht direkt eine bevorzugte Brutzeit. Sie brüten mehrmals, das ganze Jahr über. Den idealen Zeitpunkt wählt das Brutpaar abhängig vom Nahrungsangebot. Es kann daher also auch vorkommen, dass mitten im Winter, während andere Arten nicht ferner von einer Brut entfernt sein könnten, mit dem Bau eines Nests begonnen wird. Dieses wird bevorzugt hoch oben in den Kronen von Nadelbäumen errichtet. Je nach Außentemperatur wird natürlich für eine entsprechende Isolierung gesorgt.
Der Fichtenkreuzschnabel
Lateinisch: Loxia curvirostra
Familie: Finken (Fringillidae)
Größe: 16 – 17 cm Gewicht: 34 – 40 g
Verbreitung: Eurasien, Nordamerika, Nordafrika, Mittelmeerinseln
Nahrung: Nadelgehölzsamen (insbesondere Fichten), gelegentlich Früchte, Beeren und tierische Nahrung
Lebensraum: vorwiegend Nadelwälder, gelegentlich auch Mischwälder, selten urbane Parks mit Nadelgehölzen
Zugverhalten: Standvogel bzw. Kurzstreckenzieher
Brutzeit: ganzjährig möglich
Status: nicht gefährdet
Der Fichtenkreuzschnabel in Österreich
Die besonderen Vögel gelten aufgrund ihres Lebensraum- und Nahrungsanspruchs in Österreich nicht als bedroht. Im eigenen Garten sind sie vermutlich nur mit großem Glück anzutreffen. Begünstigend kann hierbei der Bestand von großen Nadelgehölzen im oder rund um den Garten sein. Sollte man wissentlich im Verbreitungsgebiet von Fichtenkreuzschnäbeln leben, kann man sie beispielsweise durch das Anbieten von geeigneten Trinkmöglichkeiten in Form von Tränken unterstützen. Selbstverständlich profitieren davon auch andere Vögel. Im Falle des Finken ist das Bereitstellen von Wasser jedoch besonders hilfreich. Grund dafür ist seine zeitweise wenig abwechslungsreiche, jedoch fetthaltige Nahrung in Form von Samen. Diese führt nämlich zu einer erhöht notwendigen Wasseraufnahme, sowie dem Bedarf an anorganischen Salzen. Im Winter ist darauf zu achten, dass die Wasserflächen nicht konstant zugefroren und damit unzugänglich sind. Eine Grabkerze in einem umgedrehten Tontopf mit darauf platziertem, mit Wasser befülltem Tonuntersetzer stellt hierbei eine ideale Lösung dar.
Tierportrait von Jakob Kuhn