Die Gottesanbeterin

Gefräßige Jägerin der heimischen Insektenwelt!
So bekannt sie auch sein mag, sehen kann man sie nur äußerst selten und mit viel Glück. Nicht jedoch ausschließlich aufgrund ihrer Seltenheit, sondern auch, weil sie als geschickte Jägerin genau weiß, wie man sich tarnt und fortbewegen muss, um nicht entdeckt zu werden.

Ihr Name ist alles andere als Programm. Auch wenn sie diesen aufgrund der Haltung ihrer vordersten Extremitäten trägt, so dienen diese einem ganz anderen Zweck, als friedlich zu beten. Die Gottesanbeterin ist eine der geschicktesten und gefräßigsten Jägerinnen der heimischen Insektenwelt. Doch nicht nur ihr Jagdgeschick, sondern eine Vielzahl anderer interessanter Fakten sind Grund genug, sich dieses tolle Insekt einmal genauer anzusehen.

So sieht sie aus, die Gottesanbeterin

Wie bei so manch anderen Insekten werden auch die Weibchen der Gottesanbeterinnen deutlich größer als ihre männlichen Artgenossen. Mit einer Körpergröße von rund 75 mm sind die Weibchen stolze 15 mm größer als die Männchen. Eine unglaublich beeindruckende Fähigkeit der Gottesanbeterinnen ist die, sich farblich an ihre Umgebung anzupassen. Grundsätzlich sind sie bei uns in Österreich hellgrün bis braun gefärbt. Je nachdem, wie jedoch ihre Umgebung aussieht, ändern Gottesanbeterinnen nach jeder Häutung die Grundfarbe ein wenig ab. Der Farbwechsel passiert somit nicht ganz so schnell und spontan, wie es beispielsweise bei Oktopussen oder Chamäleons funktioniert, ist allerdings allemal interessant und bemerkenswert. Auf ihrem großen dreieckig geformten Kopf befinden sich die zwei ebenfalls großen Facettenaugen. Ihre Augen sowie ihr äußerst beweglicher Kopf ermöglichen es Gottesanbeterinnen ihre Beute stets genau im Blick zu behalten. Namensgebend und demnach wohl das bekannteste Merkmal sind die erhobenen Vorderbeine. Nicht umsonst zählen Gottesanbeterinnen zur Ordnung der Fangheuschrecken. Ihre Vorderbeine dienen nämlich ganz und gar nicht zum Beten, sondern sind zu ausgezeichneten Werkzeugen umfunktioniert, mit denen es blitzschnell und spielerisch gelingt, Beutetiere zu erfassen.

Lebensraum & Lebensweise

Die bei uns häufigste Fangschreckenart kommt generell in gesamt Zentral- und Südosteuropa vor. Ihr bevorzugter Lebensraum beschränkt sich hierbei auf Trockenrasen, Trockenwiesen, Büsche sowie generell hohe Wiesen. Sofern der Garten also naturnah gestaltet ist, kann man mit etwas Glück sogar vor der eigenen Haustür Gottesanbeterinnen beobachten. Die Paarung der Gottesanbeterinnen bietet einige interessante Fakten. Kommt es zur Begattung des Weibchens, legt dieses beachtliche 100 bis 200 Eier. Um ihre Eier vor Pilzbefall zu schützen, sind diese in einen schnell aushärtenden Schaumball, dem sogenannten Oothek gehüllt.

Gottesanbeterinnen haben leider keine lange Lebensdauer und überleben den Winter daher nicht. Ihre Brut überdauert jedoch gut geschützt die kalten Monate des Jahres, bis sie im Folgejahr zwischen Mai und Anfang Juni endlich schlüpft. Beim Schlüpfen sind die Larven nur wenige Millimeter groß. Sie müssen zwischen fünf und sieben Larvenstadien durchlaufen, bis sie ab Juli bis Anfang August als adulte Gottesanbeterinnen gesehen werden können. Weibliche Larven durchlaufen in der Regel mehr Stadien als die männlichen. Beide Geschlechter benötigen nach ihrer letzten Häutung ungefähr zwei Wochen, bis sie geschlechtsreif sind. Eine äußerst makabere, jedoch ebenso interessante Besonderheit ist bei der Paarung selbst zu beobachten. Nicht besonders häufig, allerdings immer wieder kommt es nämlich vor, dass das körperlich überlegene Weibchen das schwächere Männchen anfängt vom Kopf abwärts aufzufressen. Während einst behauptet wurde, dass dies bei jeder Paarungszeremonie passiert, wurde mittlerweile festgestellt, dass dieses Verhalten unter Laborbedingung manchmal auch einfach nur durch zu kleine Behälter „erzwungen“ wurde. Generell wird dieses Verhalten eher bei in Gefangenschaft lebenden Gottesanbeterinnen beobachtet. Auch derart große und kräftige Insekten wie die Gottesanbeterinnen haben natürlich Fressfeinde. Fühlt sie sich bedroht, beherrscht sie eine bestimmte Abwehrhaltung, mit der es ihr oftmals gelingt, Fressfeinde in die Flucht zu schlagen. Dabei zeigt sie einerseits ihre schwarzen Augenflecken, welche auf der Innenseite ihrer Vorderschenkel liegen und erzeugt außerdem ein zischendes Geräusch. Dieses Geräusch entsteht dadurch, dass sie ihre ausgebreiteten Flügel kräftig am Hinterleib reibt.

Während man bei uns die Gottesanbeterin vor allem wegen ihres Aussehens und ihrer Jagdkunst bewundert, geht in China die Bewunderung weitaus tiefer. Einer Legende nach hat ein Kung-Fu-Meister vor langer Zeit eine Gottesanbeterin beim Kampf gegen ein anderes Insekt beobachtet. Er war von der natürlich siegreichen Kampfform des Insekts derart begeistert, dass er anfing diese zu kopieren und sogar einen eigenen Kampfstil daraus zu entwickeln. Dies war die Geburtsstunde der als Mantis-Kung Fu bezeichneten Kampfform, welche heute sogar als Kulturerbe Chinas gilt.

Die Gottesanbeterin

Lateinisch: Mantis religiosa

Familie: Fangheuschrecken (Mantodea)

Größe: etwa 60 – 75 mm

Färbung: hellgrün bis braun (diverse Abstufungen)

Verbreitung: Zentral-, Südosteuropa

Nahrung: karnivor von anderen Insekten

Lebensraum: strukturreiche Trockenwiesen, Büsche und Hecken

Bedrohung und Artbestand

Bei uns in Österreich steht die Gottesanbeterin zumindest in Wien und Niederösterreich unter strengem Schutz. Dies gilt nicht nur für das Insekt selbst, sondern auch dessen Lebensräume. Während Gottesanbeterinnen vor etwas mehr als zwanzig Jahren noch als extrem selten bezeichnet wurden, sind sie heute glücklicherweise bereits ein Stück stärker verbreitet. Die Gottesanbeterin ist nämlich ein Insekt, das gewissermaßen vom Klimawandel profitiert. Warmes, sonniges und trockenes Wetter wirken sich positiv auf die Art aus. Dennoch ist sie bei der Wahl ihres Lebensraums weiterhin wählerisch. Wiese ist nicht gleich Wiese und wird nicht automatisch angenommen. Trockene, warme und insektenreiche Magerwiesen mag sie besonders gerne. Im Idealfall befinden sich auch noch locker eingestreute Hecken innerhalb ihrer Jagdreviere. Nicht nur für die Gottesanbeterin, sondern generell ist der Erhalt dieser strukturreichen Landschaften unverzichtbar, um den Fortbestand unzähliger Arten zu sichern.


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