Der Hirschläfer

Großer Käfer, kleine Population!
Trotz seiner beachtlichen Größe ist der Hirschkäfer nur relativ selten zu sehen. Dies liegt daran, dass auch ein Riese der Insektenwelt mit Problemen zu kämpfen hat, die einen negativen Einfluss auf seine Entwicklung und Verbreitung haben. Nicht nur deshalb, sondern natürlich auch aufgrund seiner besonderen Merkmale war der Hirschkäfer bereits 2012 Käfer des Jahres.

Wer sich auf die Suche nach einem Hirschkäfer machen möchte, sollte das Sprichwort „Eichen sollst du weichen“ gekonnt ignorieren. Eichen stellen nämlich für Hirschkäfer einen wichtigen Bestandteil ihres Lebensraums dar und sind besonders in Bezug auf deren Fortpflanzung unverzichtbar. Neben ihrer Vorliebe für diese Baumart gibt es noch weitere Merkmale, die sich lohnen genauer beleuchtet zu werden. Auch wenn sich die Population langsam zu erholen scheint, ist es dennoch wichtig auf den Hirschkäfer und seine Bedürfnisse aufmerksam zu machen umso seinen Artbestand sichern zu können.

So sieht er aus, der Hirschkäfer 

Wer glaubt bei uns keinen anderen derart großen Käfer zu kennen, liegt mit dieser Annahme goldrichtig. Der Hirschkäfer zählt aufgrund seiner imposanten Größe von bis zu neun Zentimetern zu den größten Käfern in Mitteleuropa. Zu seiner eindrucksvollen Erscheinung trägt vor allem das Geweih des Hirschkäfers, welches offensichtlich auch namensgebend ist, bei. Dieses tragen jedoch nur die männlichen Hirschkäfer. Die etwas kleineren Weibchen erreichen eine Größe von etwa sechs Zentimetern. Auch sie sind jedoch sofort als Hirschkäfer zu erkennen, da sie zwar mit vergleichsweise winzigen, aber dennoch mit einem großen Oberkiefer ausgestattet sind und den Männchen generell ähnlichsehen. Die Färbung ihrer Körper ist meist dunkelbraun bis schwarz. Besonders das Geweih der Männchen weist jedoch einen kastanienroten Farbstich auf. Was viele nicht erwarten würden, ist, dass Hirschkäfer mit Flügeln ausgestattet sind. Trotz ihrer Größe stellen sie sich dabei auch nicht ungeschickt an. Mit lautem Brummen bewegen sie sich so im Wald auf der Suche nach Nahrung oder Artgenossen fort.

Lebensraum & Lebensweise

Die Verbreitung des Hirschkäfers umfasst fast ganz Europa. Vor allem in Teilen von Mittel-, Ost- und Südeuropa ist er häufig anzutreffen. Besonders Wert legt er hierbei auf das Vorkommen von Eichen. Im Schutz der Abenddämmerung begibt er sich fliegend auf die Suche nach der begehrten Baumart. Grund dafür ist, dass sowohl männliche als auch weibliche Hirschkäfer für die Entwicklung ihrer Keimzellen Baumsaft benötigen, welcher bestimmte Pilze enthält. Neben Eichen werden auch durchaus Baumarten wie Bergahorn, Rotbuche oder Eschen angeflogen. Ein Laubwald beziehungsweise ein hoher Anteil an Laubbäumen ist für den Hirschkäfer somit unverzichtbar. Haben Hirschkäfer einen geeigneten Baum gefunden, suchen sie nach Verletzungen in der Baumrinde, an denen der begehrte Baumsaft austritt. Dieser wird dann mit der pinselartigen Unterlippe genüsslich aufgeleckt. Weist ein Baum keine Verletzungen auf, bedeutet das für Hirschkäfer nicht, dass sie einen anderen Baum aufsuchen müssen. Die Weibchen sind nämlich in der Lage, mit ihren außergewöhnlich kräftigen Zangen Löcher in die Rinde zu beißen und so für eigene Nahrungsstellen zu sorgen. Hierbei sind die Männchen gänzlich auf die Weibchen angewiesen. Durch das Absondern von Kot locken die großzügigen Weibchen die in diesem Fall hilflosen Männchen an und teilen fürsorglich den austretenden Baumsaft. 

Kommt es in der Nähe eines Weibchens zum Aufeinandertreffen zweier Männchen, führt dies zu intensiven Kämpfen um die Gunst des Weibchens und die gemeinsame Leckstelle. Hierbei kommen die großen Geweihe, die eigentlich die Oberkiefer der Männchen sind, zum Einsatz. Sie dienen dazu, den Kontrahenten zu zwicken, zu fixieren und sogar hochzuheben. Das Ziel ist es, das Gegenüber vom Ast zu stoßen und so Nahrung und Weibchen für sich zu beanspruchen. Hierbei kommt es zwar nur selten zu ernsthaften Verletzungen, Hirschkäfer sind allerdings durchaus in der Lage, sich Löcher in ihre Panzer zu zwicken. 

Doch nicht nur zur Verteidigung nutzen männliche Hirschkäfer ihre Geweihe. Im Zuge der Fortpflanzung klettert das Männchen auf das Weibchen und verhindert mit seinen großen Zangen ein Weglaufen. In dieser Stellung verharrt das Paar oft mehrere Tage, bis es endgültig zur Paarung kommt. Zwischendurch nehmen sie sogar Nahrung von der gemeinsamen Leckstelle auf. Ist die Begattung vollzogen, gräbt sich das Weibchen ganze 30 bis 50 Zentimeter in die Erde ein. Innerhalb von etwa 14 Tagen legt es 50 bis 100 Eier an morsche Wurzelstöcke. Auch hierbei werden besonders Eichen bevorzugt. Nach weiteren zwei Wochen schlüpfen bereits die Larven, welche sich vom morschen, feuchten und verpilzten Holz des Wurzelstocks ernähren. Erst nach unfassbaren fünf bis acht Jahren bauen sich die Larven in etwa 20 Zentimetern Tiefe eine Puppenwiege. Dieser Kokon kann Faustgröße erreichen. Hierbei sorgen Männchen für deutlich mehr Platz, da sie diesen für die Entwicklung ihres Geweihs benötigen. Nach etwa sechs Wochen schlüpfen die Käfer, bleiben jedoch bis zum Frühjahr unter der Erde. An der Oberfläche angekommen, leben erwachsene Hirschkäfer nur wenige Wochen. 

Der Hirschkäfer

Lateinisch: Lucanus cervus

Familie: Schröter (Lucanidae) Größe: etwa 60 – 90 mm

Färbung: schwarz, braun, kastanienrot

Verbreitung: fast ganz Europa (besonders Mittel-, Ost- und Südeuropa)

Nahrung: Pflanzensäfte Lebensraum: Wald, aber auch Gärten und Parks

Die Gefährdung des Hirschkäfers 

Aufgrund von intensiver Forstwirtschaft, welche einen Verlust von Alt- beziehungsweise Totholz bewirkt, findet der Hirschkäfer immer weniger Nahrungs- und Brutplätze. In manchen Regionen hat dies zu einem völligen Verschwinden des Hirschkäfers geführt. Auch wenn sich die Populationszahlen langsam zu erholen scheinen, ist es noch zu früh, um Entwarnung zu geben. In Österreich gilt der Hirschkäfer daher weiterhin als potenziell gefährdet. Die Bemühungen, den Hirschkäfer in seiner Verbreitung zu unterstützen, finden glücklicherweise immer mehr Zuspruch. Auch wenn er häufig sogar in Gärten und Parks beobachtet werden kann, ist und bleiben urwaldartige, naturnahe Laubwälder sein bevorzugter Lebensraum. Überall gilt jedoch der gleiche Grundsatz, und das nicht nur für den Hirschkäfer: Totholz stellt eine unverzichtbare Lebensgrundlage dar. Dementsprechend ist es wichtig sowohl in unseren Wäldern als auch im städtischen Bereich für ein entsprechendes Angebot zu sorgen.

 

Insektenportrait von Jakob Kuhn


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