Das rote Gold aus dem Garten

Obst war immer ein wichtiges Lebensmittel der Menschheit. Schon 4.000 vor Christus dienten die Kirschen der Ernährung. Nur waren die Früchte damals mit den heutigen überhaupt nicht zu vergleichen, da sie klein und sauer im Geschmack waren.

Die ursprüngliche Heimat ist das westliche Asien und das östliche Europa. Zur Gruppe der Kirschen werden auch die Weichseln, die man auch Sauerkirschen nennt, gezählt.

Erwähnt wurden die Kirschen erstmals in Griechenland um 300 v. Chr. Der römische Feldherr Lucullus, der vor allem als Gourmet bekannt war, brachte von seinen Feldzügen aus dem Gebiet um das Schwarze Meer die Kirschen nach Rom. Von Italien ausgehend wurden sie dann in anbauwürdigen Gebieten im Römischen Reich verbreitet. So kamen sie sogar nach England.

Für eine weitere Auspflanzung in Europa sorgte Karl der Große im 8. und beginnenden 9. Jahrhundert. Der Anbau erfolgte in der Nähe von Siedlungen, da die Kirschen aufgrund ihrer Weichfleischigkeit für einen längeren Transport nicht geeignet waren.

Nachdem schon die Römer gezielt nach besseren Sorten gesucht hatten, wurden später in den Klöstern und herrschaftlichen Gärten Sorten gesammelt und auf gute Eigenschaften selektioniert. Es erfolgte eine Einteilung in Wild- und Vogelkirschen sowie in Kulturkirschen. Während die erste Gruppe an Waldrändern wildwachsend und nur die Samen von wertvollen Bäumen als Sämlingsunterlagen Verwendung fanden und finden, wurde bei den Kulturkirschen nach besseren Sorten gesucht.

Kirschen und Weichseln

Kirschen und Weichseln bevorzugen warme, luftige und lehmig bis sandige Böden. Wichtig sind Temperaturen um 15 °C zur Zeit der Blüte, damit eine gute Befruchtung erfolgen kann. Eine ausreichende Bodenfeuchte ist für eine kontinuierliche Fruchtentwicklung und Fruchtgröße von der Blüte bis zur Ernte notwendig.

Vor der Kirschenernte kann Wind sogar von Vorteil sein, weil er nach Regen die Früchte rascher abtrocknen lässt und die Früchte so auch weniger platzempfindlich sind. Sonniges Wetter und Temperaturen zwischen 25 bis 30 °C vor Erntebeginn fördern das unvergleichliche Aroma der Kirschen.

Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die ersten wissenschaftlichen Vergleichspflanzungen angelegt wurden, erfolgte auch die Einteilung der Kirschen aufgrund ihrer Fruchtbeschaffenheit. So entstanden die Gruppe der weichfleischigen als Herzkirschen und die der festfleischigen, die auch als Knorpelkirschen bezeichnet werden. Frühreifende Sorten sind weichfleischig. Erst mit Beginn der 3. Kirschenwoche spricht man von halbfesten, in weiterer Folge von festfleischigen Sorten, die aber aufgrund ihres festeren Fruchtfleisches auch leichter platzen.

Obwohl die Einteilung in Herz- und Knorpelkirschen schon sehr alt ist, kommt es immer wieder zu Verwechslungen. Als Herzkirschen werden allgemein alle Sorten bezeichnet, deren Fruchtform herzförmig ist. Die Reifezeit der Kirschen wird in Kirschenwochen eingeteilt. Mit der ersten reifenden Sorte beginnt die erste Kirschenwoche. Je nach Anbaugebiet gibt es zirka sechs bis zehn Kirschenwochen.

Während die Kirschen in zwei Gruppen eingeteilt wurden, sind es bei den Weichseln vier. Hier sind die Farbe des Saftes und der Geschmack entscheidend:

  1. Die Schattenmorellen haben eine dunkle Fruchtfarbe, einen intensiv färbenden Saft und sind sehr sauer.
     
  2. Die Amarellen, deren Früchte ebenfalls dunkelrot gefärbt sind, schmecken ebenfalls sauer, haben aber keinen färbenden Saft.
     
  3. Die Glaskirschen mit eher kleineren Früchten und einem nicht färbenden Saft sind hellrot gefärbt. Sie sind sehr ertragreich und sollen bei der Verarbeitung eine hervorragend schmeckende Marmelade liefern.
     
  4. Die interessanteste Gruppe ist die der Süßweichseln und Bastardkirschen, die aus Kreuzungen Kirschen x Weichsel hervorgegangen sein sollen. Sie sind in erster Linie für den Frischverzehr geeignet. Die Süßweichseln sind dunkelrot gefärbt mit einem färbenden Saft. Dazu gehören die sicherlich bekannten Sorten Köröser und Ostheimer Weichsel. Zu den Bastardkirschen zählt die Königin Hortensie. Sie hat einen feinsäuerlichen Geschmack, einen farblosen Saft und ist weichfleischig. Der Nachteil bei dieser vierten Gruppe ist ihre Selbststerilität. Das bedeutet, dass sie unbedingt einen Befruchtungspartner benötigt.

Wie bei den anderen Obstarten wurden die Kirschen und Weichseln früher auch als Halboder Hochstämme erzogen. Der Schnitt, vor allem aber die Ernte waren sehr zeitaufwändig. Dadurch kosteten die Kirschen deutlich mehr. Aus diesem Grund wurde auch vom roten Gold gesprochen.

Um kleinere Baumformen auch bei den Kirschen und Weichseln erziehen zu können, begann man um Mitte des 20. Jahrhunderts in vielen Ländern mit Züchtungen und Selektionen schwächer wüchsiger Unterlagen. U. a. waren hier die Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien, Frankreich, Belgien und Deutschland federführend. Die Unterlagen Weiroot und Gisela, mit jeweils mehreren Selektionen, die aus Deutschland stammen, haben sich auch bei uns durchgesetzt. Durch kleinere Baumformen, die als Spindeln, Busch oder Hecken erzogen werden, hat sich der Arbeitsaufwand für Schnittund Erntearbeiten deutlich verringert.

Wenn man im Frühjahr die in Weißblüte stehenden Kirschenbäume beobachtet, ist man einige Wochen später verwundert, dass der Fruchtansatz oft deutlich hinter den Erwartungen geblieben ist. Dies liegt an alten, bekannten Sorten, die alle selbststeril sind, und deshalb einen Befruchtungspartner und Bienen für eine Bestäubung benötigen. Um das Problem der Befruchtung zu lösen, begann man in Kirschen produzierenden Ländern mit der Züchtung von selbstfertilen Sorten. In England gelang es durch die Kreuzung eines zur Selbstfruchtbarkeit mutierten Sämlings mit der Sorte Lambert die erste selbstfertile Sorte zu züchten; ihr Name lautet Stella. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Züchtungsarbeiten noch intensiver betrieben. In Kanada entstanden viele Sorten, die heute in keinem Sortiment fehlen. Zuerst wurde die wertvolle Sorte Van mit Stella gekreuzt. Daraus entstanden New Star, Lapins und Sunburst. Aus der nächsten Generation von Kreuzungspartnern (Van x New Star) gingen Celeste als mittelfrühe und Sweetheart als spät reifende Sorte hervor.

Da die neuen Sorten ihre Eigenschaften in anderen Kirschenanbaugebieten nicht umsetzen konnten, begannen weitere Länder damit, auf ihre eigenen Gebiete abgestimmte Sorten zu züchten. Vor allem Italien, als einer der größten Kirschenproduzenten in Europa, präsentierte nach Abschluss der Arbeiten ihre Neuzüchtungen. Es gelang ein Sortiment von früh über mittel bis spät reifenden Sorten auf den Markt zu bringen. Sweet Early, Early Star, Grace Star, Blaze Star, Black, Star, und Lala Star können aufgrund ihrer folgeartigen Reife mehrere Kirschenwochen abdecken.

Mit Pacific Red und Sabrina gibt es auch noch zwei früh reifende Sorten, die selbstfruchtbar sind und daher noch madenfrei bleiben.

Während also durch gezielte Züchtung das Problem der Befruchtung gelöst werden konnte, ist man mit Platzfestigkeit und Madigwerden der Kirschen noch weit von einer Lösung entfernt. Das Platzen ist von den Niederschlägen vor der Reife abhängig. Da man durch die Züchtung immer größere Kirschen bekommen will, steigt auch die Gefahr der Platzempfindlichkeit, da die Haut der Früchte, ähnlich einem Luftballon beim Aufblasen, dünner wird.

Um madige Früchte zu vermeiden, darf man nur Frühsorten pflanzen, die bis zur 3. Kirschenwoche reifen. Die festfleischigen, die von den Konsumenten bevorzugt werden, reifen später, sind aber dann madig. Obwohl auch an diesem Problem intensiv gearbeitet wird, konnte noch keine befriedigende Lösung gefunden werden.

von Dipl. Ing. Peter Modl


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