
Der Große Abendsegler
Eine der größten Fledermausarten Österreichs!
Noch dauert es ein wenig, doch bald ist der Sommer wieder da. Mit ihm kommt auch die Zeit der gemütlichen Abende im Freien. Genauso wie ein erfrischendes Kaltgetränk ist hierbei ein bestimmtes Tier ein mehr oder weniger fixer Bestandteil. Die Rede ist von der Fledermaus.
Abends, wenn die Dämmerung einsetzt, kommt auch die Fledermaus aus ihrem Versteck. Solange es das schwindende Licht für uns Menschen noch zulässt, ist es ein wahres Spektakel, die rasanten und eindrucksvollen Flüge zu beobachten. In Wien sind von den in Österreich 28 heimischen Arten stolze 22 zu Hause. Das macht Wien in Hinsicht auf Fledermäuse zur artenreichsten Stadt im deutschsprachigen Raum. Die Art, die in den folgenden Zeilen etwas näher vorgestellt wird, ist eine der größten in Österreich heimischen Arten. Die Rede ist vom großen Abendsegler.
So sieht er aus, der große Abendsegler
Der große Abendsegler gehört, wie sein Name bereits vermuten lässt, zu den größten heimischen Fledermausarten. Seine Flügelspannweite beträgt dabei rund 32 bis 40 Zentimeter. Die kleinste bei uns beheimatete Fledermaus erreicht im Vergleich dazu nur rund 25 Zentimeter Flügelspannweite bei einer Gesamtkörperlänge von gerade einmal fünf Zentimetern. Das Gewicht eines großen Abendseglers beträgt 19 bis 40 Gramm. Dies ist in etwa das Vierfache einer Zwergfledermaus. Markant für den großen Abendsegler ist seine Flügelform. Diese lässt aufgrund ihres schmalen und länglichen Aussehens bereits erahnen, dass sich die Schwingen ideal für schnelle Flüge eignen. Bis zu beachtliche 60 Kilometer pro Stunde schnell können die großen Fledermäuse fliegen. Im Verhältnis zum restlichen Körper erscheinen die breiten, rundlichen Ohren durchaus klein. Das kurze Fell der Abendsegler ist am Rücken rostbraun beziehungsweise rostrot. Am Bauch wirkt es einen Hauch heller. In Österreich gibt es neben dem großen Abendsegler noch eine weitere Abendseglerart, nämlich den kleinen Abendsegler. Wie deren Bezeichnung jedoch bereits verrät, sind die beiden trotz Ähnlichkeiten schlicht anhand ihrer Körpergröße zu unterscheiden.




Lebensraum & Lebensweise
Der große Abendsegler ist eine weit verbreitete Fledermausart. Er tritt sowohl in fast ganz Europa, vereinzelt im Nahen Osten und auch in kleinen Abschnitten Asiens auf. Zu seinem natürlichen Lebensraum zählen vor allem Laub- und Mischwälder sowie Parklandschaften. Generell ist er sogar bis tief im städtischen Raum anzutreffen. Ein wesentlicher Bestandteil des Lebensraums muss auf jeden Fall ein großes Angebot an Totholzbeständen, sowie ausreichend Spalten, Öffnungen oder etwa höhlenartigen Unterschlüpfen sein. Was wohl allseits bekannt ist, ist, dass Fledermäuse dämmerungs-, beziehungsweise nachtaktiv sind. Den großen Abendsegler könnte man in Anbetracht seines Verhaltens somit als „Frühaufsteher“ bezeichnen. Hierzulande ist er abends nämlich in den meisten Fällen die erste Fledermausart, welche zu beobachten ist. Oft kann man schon noch vor Sonnenuntergang die rasanten Jagdflüge bestaunen. Bevorzugt wird hoch oben über Dächern oder Baumwipfeln gejagt. Auch Freiflächen werden jedoch gerne als Jagdrevier genutzt. Sobald das natürliche Licht verschwunden ist, sind Fledermäuse bestenfalls noch zu sehen, wenn sie im Lichtkegel einer Laterne durch dichte Insektenschwärme jagen. Ist auch keine künstliche Lichtquelle vorhanden, wird das Wahrnehmen von Fledermäusen zu einer echten Meisterleistung.
Die mehr oder weniger lautlos durch die Lüfte flatternden Tiere geben zwar durchaus Laute von sich. Diese befinden sich dabei jedoch in einem Frequenzbereich, welcher für Menschen so gut wie nicht wahrzunehmen ist. Genau diese Lautäußerungen sind es, die den Abendseglern und sämtlichen anderen Fledermäusen die Fortbewegung auch bei absoluter Dunkelheit ermöglichen. Die niederfrequenten Ultraschallrufe prallen wie ein Echo von Gegenständen und etwa Beutetieren zurück. Fledermäuse sind so in der Lage nicht nur Beutetiere zu orten, sondern auch ihre Lage im Raum perfekt einzuschätzen.
Die Fortpflanzung der Abendsegler passiert einmal im Jahr. Die Tragezeit beträgt hierbei rund 70 Tage. Der Nachwuchs besteht lediglich aus einem Jungtier. Einsam fühlt sich dieses allerdings bestimmt nicht. Abendsegler sammeln sich nämlich in einer Vielzahl gemeinsam in einer sogenannten Wochenstube. Diese befindet sich zumeist in großen Baumhöhlen oder Hohlräumen in Gebäuden. Nach rund 7 Wochen sind die Jungtiere bereits ausgewachsen. Während der warmen Jahreszeit befinden sich die Sommerquartiere für die tagsüber eingehaltene Ruhezeit ebenso wie die Wochenstube in Baumhöhlen, Rissen oder Gebäuden. Da für den Winterschlaf die Außentemperatur entscheidend ist, werden Winterquartiere zumeist in Ritzen, Öffnungen oder Spalten von Bebauungen bezogen. Die Temperatur sollte hierbei nicht unter -1 Grad Celsius fallen.
Spannend ist, dass ähnlich wie Vögel auch einige Fledermausarten ein Zugverhalten an den Tag legen. Im Falle des großen Abendseglers werden sogar Strecken von bis zu 1.500 Kilometern zurückgelegt, um in wärmere Gebiete vorzudringen. So kommt es vor, dass Abendsegler, die bei uns überwintern, meist aus noch kälteren Gebieten stammen. Im Sommer leben also teils ganz andere Populationen bei uns als im Winter.

Der Große Abendsegler
Lateinisch: Nyctalus noctula
Familie: Vespertilionidae (Glattnasen)
Größe: ca. 8 cm Körperlänge, ca. 40 cm Flügelspannweite
Färbung: rotbraun, rostrot, schwarz
Verbreitung: Europa, Asien, Naher Osten
Nahrung: Insekten
Lebensraum: Wälder, Städte
Fledermäuse in Österreich
Die in Österreich vorkommenden Fledermäuse zählen zu den am meisten gefährdeten Wirbeltieren. Dies bedeutet, dass sämtliche Arten unter strengem Naturschutz stehen. Die Ursachen für den Bedrohungsgrad liegen wie so oft beim Lebensraumverlust. Im Falle der in der Stadt lebenden Fledermaus bedeutet das vor allem Mangel an Altbaumbeständen und Totholz, sowie die Einflüsse vielseitiger Bautätigkeiten. Durch Renovierungen, insbesondere thermischer Sanierungen, werden Hausfassaden gänzlich erneuert und so potenzielle Rückzugsorte in Form von Spalten, Rissen oder etwa Hohlräumen zerstört. Der Schutzstatus der Fledermäuse beschränkt sich daher nicht nur auf die Tiere selbst, sondern auch auf deren Lebensräume. So ist es verpflichtend im Falle einer Sanierung eines Gebäudes mit bekannten Fledermausquartieren diese zu erhalten. Durch die Anbringung künstlicher Quartiere in Form von Fledermauskästen oder -boxen, welche an Gebäuden oder Bäumen angebracht werden, kann zusätzlich wichtiger Lebensraum geschaffen werden. Neben dem Lebensraumverlust stellt auch der Rückgang an Beutetieren in Form von Insekten ein ernstzunehmendes Problem dar.
Tierportrait von Jakob Kuhn