Sterne bringen Glück!

Nicht nur auf dem Dach, auch um das Haus pflanzte man einst Hauswurzen als Glücksbringer. Damals wie heute ist es aber auch ihre Genügsamkeit, die wir so schätzen.

Die Hauswurz benötigt kaum Erde und wächst zuverlässig, wo andere Pflanzen längst schon aufgegeben hätten. „Unverwüstlich“ ist daher eine Eigenschaft, die mit jeder Beschreibung der Hauswurz einhergeht. Durch ihren ungewöhnlichen Aufbau hat sie ihre Verdunstung auf ein Minimum reduziert und kann so lange Trockenzeiten überstehen: Auf der stark verkürzten Sprossachse liegen die Blätter rosettenartig dicht übereinander. Nur der Blütenstängel schiebt sich zur Blütezeit, im Juli und August, bis zu 30 Zentimeter aus der Blattrosette heraus und trägt sternförmige, rosa oder weiße Blüten. Die dicken, wachsartig überzogenen Blätter sind zusätzlich gute Wasserspeicher. Ihre charakteristische Anordnung hat der Hauswurz auch den sehr poetischen Namen „Steinrose“ eingebracht. Als „heimischer Aloe’“ kann man den frischen Saft der dickfleischigen Blätter wegen seiner kühlenden, entzündungshemmenden Wirkung bei Wunden, Verbrennungen, Insektenstichen und mehr nutzen.

Überall einsatzbereit

Derart robust veranlagt ist die Hauswurz natürlich auch eine ideale Kandidatin für die Bepflanzung von Trockenmauern, den wertvollen ökologischen Nischen des Gartens. Solche Mauern erwärmen sich schon mit wenigen Sonnenstrahlen und bieten in den Hohlräumen Schutz – aus beiden Gründen siedelt sich hier gern eine Vielzahl von Tieren an, von Eidechsen und Ringelnattern, über Kröten und Salamander, die die kühlen, feuchten Nischen am unteren Ende der Mauer schätzen bis zu Wildbienen, Hummeln und Florfliegen, die in den Ritzen und Löchern nisten. Und auch als Grabbepflanzung ist die Hauswurz eine sichere Sache. Da sie sich durch Tochterrosetten ausbreitet, kann sie in relativ kurzer Zeit größere Matten bilden und ist ein dauerhafter, verlässlicher Grabschmuck. Ihre Langlebigkeit und Genügsamkeit stand einst als Sinnbild für das ewige Leben.

Grüne Sterne

Der lateinische Gattungsname Sempervivum heißt wörtlich „immer lebendig“ und bekräftigt damit den Ruf der Pflanze, eine beharrliche Kämpferin gegen alle Widrigkeiten zu sein. In Töpfen, Kannen, Kanistern und allen möglichen Gefäßen ist es ihr recht, und sogar auf einer großen Tonscherbe darf es sein, wenn eine Handvoll Erde zum Festhalten zur Verfügung steht. Wichtig ist der Hauswurz lediglich, dass Regenwasser schnell abfließen kann. Dafür sorgt in Töpfen und anderen Gefäßen, aber auch im Beet eine Lage Kies oder Blähton unter dem Substrat, für das man zuvor 1/3 Kies oder Quarzsand zur Erde gemischt hat. So untergebracht, überdauert sie auch einige Monate im Zimmer gut. Als „grüner Stern“ zur Weihnachtszeit etwa, gemeinsam mit Moos, Rindenstückchen, Zapfen oder anderen schönen Fundstücken von draußen, ehe sie im Frühling wieder in den Garten oder auf den Balkon übersiedelt. Dort harmoniert die Hauswurz mit Pflanzenpartnern, die ähnliche Ansprüche haben, z. B. Fetthenne (Sedum), Steinbrech (Saxifraga), Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris), Katzenpfötchen (Antennaria dioica), Hungerblümchen (Draba) und Grasnelke (Armeria maritima).

Potz Blitz!

In der Natur kommt so manche Hauswurz-Art nur in bestimmten, klar begrenzten Gebieten vor: Die Wulfen-Hauswurz (Sempervivum wulfenii) der Ostalpen ist dafür ebenso ein Beispiel wie die Großblütige Hauswurz (Sempervivum grandiflorum), die man in den Westalpen finden kann. Weit weniger rar machen sich die Berg-Hauswurz (Sempervivum montanum) und auch die Dach-Hauswurz (Sempervivum tectorum), die große, grüne Blattrosetten mit rotbraunen Spitzen bildet. Ihr sagte man einst Wunderkräfte nach, denn sie sollte auf den Dächern der Bauernhäuser den Blitz, das Zeichen göttlichen Zornes ableiten. Donar, dem Gott des Donners in der germanischen Mythologie verdankt sie wohl auch ihre Volksnamen „Donarkraut“ oder „Donnerwurz“. Kaiser Karl der Große verpflichtete die Pächter der kaiserlichen Hofgüter in seiner Landgüterordnung „Capitulare de villis“ sogar zur Pflanzung der Dach-Hauswurz auf ihren Hausdächern.„Wer edle Hauswurz hält in Ehren, der kann wohl manchem Übel wehren!“ Vielleicht steckte doch ein Fünkchen Wahrheit im Aberglauben? Heute vermutet man, dass die fein behaarten Blattränder der Dachwurz je nach Ladung der Gewitterwolke positive oder negative Elektrizität absprühen und das Gewitterfeld in ihrer Umgebung verändern.

Dach-Hauswurz Sempervivum tectorum

Volksnamen: Dachwurz, Donarkraut, Donnerwurz, Steinrose

Familie: Dickblattgewächse (Crassulaceae)

Standort: sonnig; für Steingärten, Kiesbeet, Gefäße; unbedingt für Wasserabzug sorgen, Staunässe verträgt die Hauswurz nicht!

Pflege: nur selten gießen, Dauerfeuchte vermeiden, die Erde dazwischen austrocknen lassen; Düngung nicht notwendig, eine Handvoll Kompost bei der Pflanzung reicht aus. Hauswurzen in Gefäßen alle paar Jahre im zeitigen Frühjahr in frische Erde umtopfen.

Vermehrung: Jede Blattrosette, die einmal geblüht hat, stirbt anschließend ab. Der Nachwuchs wartet aber schon in Form von Tochterrosetten, die die Pflanze ab dem zweiten Jahr ausbildet. Diese vorsichtig abtrennen und in die Erde pflanzen. Schon nach kurzer Zeit bilden sie Wurzeln.

Text von Elke Papouschek


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