Der Garten im Alter
Die Vorstellung, dass Sie durch einen wohlgepflegten Garten gehen, in dem Blütenpflanzen in den Weg ragen und ein reich tragender Apfelbaum schon Lust auf den Herbst macht, ist fast zu schön um wahr zu sein. Aber bleiben wir dabei: der leicht geschwungene Weg führt zu einer kleinen sonnigen Terrasse, wo Opa den Tisch für die Jause deckt. Oma hat den Zwetschkenfleck aus dem Ofen geholt und auf einem Teller mit in den Garten genommen. Stühle, Häferln und Teller stehen da, und die große Kaffeekanne – eine Bilderbuchidylle.
Nur das aufblasbare Wasserbecken, dessen blau gemusterter Boden durchs Wasser schimmerte und in dem sich der Enkelsohn im Tauchen übte, sowie der Apfelbaum mit dem kleinen Häuschen darin, in dem die Enkeltochter spielte, ist nicht mehr da. Zwar kommen noch Tochter und Schwiegersohn ums Hauseck, beide haben ein wenig in den Beeten für Ordnung gesorgt, während auf die Enkelkinder noch gewartet wird.
Ja, die Zeit ist schnell vergangen, und seit längerem ist Gartenarbeit nicht mehr die reine Lust. Als Pensionist hätte man zwar die Zeit für alles, aber es wird auch immer beschwerlicher, Jahr für Jahr den Pflanzkübel mit dem Oleander im Frühjahr aus dem Keller zu holen – wobei das der Enkel durchaus gerne übernimmt. Aber da waren auch noch diverse Beete mit Gemüse und anderem Grünzeug, die aufgelassen wurden, weil sie mühevoll zu bearbeiten sind. Die Lust auf das Knien und Bücken im Garten und das Entlanghangeln an Obstbäumen, um Obst aus dem Baum zu ernten ist längst verflogen.
Und so geht es an die letzte Umgestaltung der grünen Oase, sie muss pflegeleichter werden. Der Zeitpunkt ist für jeden von uns ein anderer – aber er kommt so sicher wie das Amen im Gebet. Also werden erst einmal einige Pflanzen in dem von uns geschaffenen Idyll ausgetauscht, um den Pflegeaufwand auf ein erträgliches Maß herunterzufahren. Das bedeutet zwar nicht, dass die blühende Pracht jetzt vorbei ist, trotzdem muss man sich erst daran gewöhnen, kein üppig blühendes Beet mit Jahresblumen im Garten zu haben. Es wird nur auf wechselnde Bepflanzung verzichtet, und auf winterharte, Stauden gesetzt. So blüht genauso viel, und das ohne großen Aufwand.
Ein Hochbeet erleichtert nun die Arbeit, während andere Beete zugunsten von Wildobststräuchern, an denen sich im Winter die Vögel gütlich tun, verschwinden. Und der eine oder andere Busch steht jetzt dort, wo seinerzeit der Apfelbaum mit dem Baumhaus stand. Die Hecke, unter der sich die Kinder versteckten, gibt‘s noch, die bleibt stehen solange sie jemand Jahr für Jahr in Form schneidet. Und dann ist da der Rasen mit dem Anspruch auf Mähen und Gießen und Düngen und Unkraut entfernen. Ich weiß, es gibt Zeiten, da will man sattes, saftiges Grün ohne jedwede Störung von diversen Beikräutern. Aber ist es wirklich so schlimm, wenn der Rasen zur gepflegten Wiese wird? Das war sie auch damals, als die Kinder halbwüchsig waren, und sie der bevorzugte Spielplatz war und Kinder aus Verwandt- und Bekanntschaft ein Zeltlager über Nacht errichteten.
Der optimale Garten im Alter
Er besteht weniger aus Rasen und mehr aus Staudenbeeten – außer er wird von einem der verpönten Roboter gemäht. Denn bei Staudenbeeten, die weder gemäht noch jedes Jahr neu gepflanzt werden müssen, ist es ausreichend, sie ein- oder zweimal im Jahr zu durchforsten und zurückzuschneiden. Es reicht, im Frühjahr etwas Dünger auf die Erde zu geben und vor dem ersten Schnee verwelkte Blätter zu entfernen.
Ihr Redakteur ist zwar kein Gemüsefreak, aber wenn Sie im Alter nach wie vor Salat oder Paradeiser aus dem eigenen Garten möchten, ist ein Hochbeet eine wunderbare Lösung – es ermöglicht rückenschonende Gartenarbeit. Da sich kaum Unkraut bildet und auch Schnecken selten in ein Hochbeet gelangen, reduziert sich die Arbeit um einiges. Die empfohlene Höhe des Hochbeetes liegt übrigens bei bis zu einem Meter, so können Sie die Pflanzen einfach im Stehen, ja sogar im Sitzen pflegen.
Am Gartenweg hat sich nichts geändert, er war von Anfang an breit und eben genug, allerdings kam ein „Abschneider“ dazu. Es gibt da nämlich einen Schwenk, der mit der Scheibtruhe zunehmend nicht mehr zu bewältigen ist. Na ja, nicht nur die Sehkraft lässt mit den Jahren nach, es steigt auch die Gefahr zu stolpern und zu stürzen. Und in der Nacht sorgen Bodenleuchten mit Bewegungssensoren für gefahrloses Gehen.
Noch etwas hat sich in den letzten Jahren verändert: Ich verwende jetzt öfter Handschuhe bei der Gartenarbeit. Ich mag nicht, aber die Haut wird im Alter leider trockener und dünner, und um den Ruf nach einem Pflaster zu vermeiden, sind sie bei gewissen Gartenarbeiten unerlässlich.
Nicht unwichtig ist die Bewässerung Ihrer grünen Oase. Liest man diverse Empfehlungen, dann gehen diese von verlegten Leitungen mit Tröpfchenbewässerung und automatisierten Gießkreisen bis hin zu zwei kleinen statt einer großen Gießkanne, ja sogar zu strategisch im Garten deponierten Gießkannen als Nun-plus-ultra aus. Ihr Redakteur schwört ja noch auf den Schlauch bzw. auf das händisch verstellbare „Spritzerl“. Ja, ich weiß, der Schlauch birgt Gefahren – allerdings nur wenn man schnell, schnell ums Haus will und, mit dem Schlauch ums Bein, auf die Wiese knallt.
Die „richtigen“ Geräte
Neben dem Einsatz von ergonomischen Geräten, ist eine angepasste Körperhaltung das A und O, um die Gartenarbeit zu erleichtern, wobei schwere, belastende Arbeiten, je nach Geldbeutel, von einem professionellen Gärtner oder von Kindern und Enkeln erledigt werden könnten. Ein Rechen mit dem „richtigen“ Stiel ermöglicht etwa das Arbeiten mit geradem Rücken. Das Umgraben gestaltet sich leichter, wenn man zu einem leichteren Spaten aus Aluminium greift. Dicke Zweige lassen sich mit einer langstieligen Astschere müheloser zerkleinern, und eine Gartenschere mit Rollgriff schont das Handgelenk. Meine wenigen Pflanzgefäße auf der Terrasse werden mit Rolluntersetzern leichter verschoben, und ein Hocker mit Griffen macht unvermeidbare Arbeiten am Boden bequemer.
Bei einigen Arbeiten, etwa bei Besteigen einer Leiter zum Obstpflücken, fühlt „man“ sich vielleicht nicht mehr sicher. Dafür gäbe es Obstpflücker mit Teleskopstiel, der allerdings hauptsächlich für Äpfel oder Birnen, vielleicht noch für Marillen und große Zwetschken geeignet ist. Für Kirschen oder gar Feigen nützt er nichts. Dafür gibt es aber jede Menge kleinwüchsige Obstbäume, bei denen das Ernten fast auf Augenhöhe machbar ist.
Pausen machen
Ein Rat, der Ihrem Redakteur sehr gut gefällt: Pausenplätze schaffen! Jetzt sind ja unsere Gärten nicht so groß, dass in jeder Ecke und querdurch Sitzmöglichkeiten platziert werden müssten. Aber so ein Stockerl im Schatten macht die Pause zum Vergnügen, wobei ich festgestellt habe, dass das Aufstehen von einem Schemel eine Herausforderung sein kann.
Gartenarbeit, heißt es, hält fit – aber löst Rückenschmerzen aus, daher lohnt es, Pausen einzulegen. Und da wird empfohlen, während dieser Ruhephase Dehnungsübungen zu machen, um die Beweglichkeit zu erhalten. Wo bleibt da die Erholung, fragt sich Ihr Redakteur. Und bei sommerlichen Temperaturen, so eine weitere Empfehlung, soll man stets eine Flasche Wasser bei sich haben und genügend trinken. Ich gebe zu, dass Trinken wichtig ist, allerdings weigere ich mich, ständig eine Flasche bei mir haben zu müssen, noch dazu wo ich mich kenne. Irgendwann stünden an den unmöglichsten Stellen im Garten gefüllte Wasserflaschen, die meine seit ewigen Zeiten mir Angetraute einsammeln müsste.
Eigenständig bleiben
Viele meiner Generation sind gewohnt, eigenständig zu sein und ohne Fremdhilfe auszukommen. Das ist gut so, aber oft kann Hilfe vom Gärtner, von Kindern und Enkelkindern oder dem Nachbarn die Gartenarbeit erleichtern. Ein Profi kann Bäume und Sträucher gegen Entgelt schneiden, der Enkel regelmäßig den Rasen mähen und mit einem Taschengeld belohnt werden. Es ist keine Schande, sich Hilfe zu holen, das sei hier angemerkt.
Es kommt ja oft vor, dass Kinder und Enkel regelmäßig da sind, Enkel manchmal sogar wochenlang in den Ferien. Und dann gibt’s wieder den Zwetschkenfleck und Opa deckt den Tisch – weil Tisch decken besser ist, als auf der Leiter stehend eine lose Dachrinne zu befestigen. Denn das erledigt gerade der Schwiegersohn.
Ja, so ein Garten ändert im Laufe eines Lebens öfter sein Erscheinungsbild. Er passt sich unseren Wünschen und Notwendigkeiten an. Wir dürfen nur nichts Unmögliches von ihm verlangen, denn wir sind es, die älter werden – und er wächst und wächst, und manchmal im Alter auch uns über den Kopf.
Text von Friedrich Hauk