Schneeball

Winterblüher

Den heimischen Winter verbringen viele Pflanzen in einem Ruhestadium. Es gibt aber gar nicht so wenige Arten, die ausgerechnet in der kältesten Jahreszeit blühen. Diese Winterblüher erfreuen das Auge von Menschen und Insekten.

Winterjasmin, Winterling, Chinesische Winterblüte… diese und andere Arten stehen im Botanischen Garten gerade dann in Vollblüte, wenn Dunkelheit, Kälte, und trockene Luft nicht nur den Pflanzen, sondern auch ihren Bestäubern das Leben schwer machen. Bei den Winterblühern handelt es sich aber nicht um eine bloße Laune der Natur, sondern um Pflanzen mit einer erfolgreichen Fortpflanzungsstrategie. Die Erklärung für dieses Phänomen ist je nach Pflanze eine andere.

Die Unbeteiligten

Einer der unauffälligeren Winterblüher ist die Hasel. Sie besitzt keine großen oder bunt gefärbten Blüten, da sie vom Wind bestäubt wird und somit nicht auf Insekten angewiesen ist. Stattdessen produzieren die unscheinbaren Kätzchen Millionen von Pollenkörnern, die in der laubfreien Vegetation gut vom Wind zu den roten Narben der noch unscheinbareren weiblichen Blüten getragen werden können (… ein Teil landet dabei in unseren Nasen und kann eine allergische Reaktion hervorrufen). Für windbestäubte Arten stellen die harschen Bedingungen im Winter keine große Einschränkung dar.

Die Lichthungrigen

Ein anderer Fall sind die kleinen Kräuter, die schon im Winter zu blühen beginnen. Der Winterling, das Gewöhnliche Schneeglöckchen und andere blühen so früh wie möglich, um in einen möglichst hohen Lichtgenuss zu kommen. Das Kronendach der Bäume macht ihnen später im Jahr das Licht streitig, weshalb der Winter trotz der schwächeren Sonneneinstrahlung und den kürzeren Tagen für sie ergiebiger ist. Viele dieser Kräuter werden auch als Frühlingsblüher bezeichnet, da sie den Blühschwerpunkt im Vorfrühling (Februar bis März) haben. Die Blüten von Winterling und anderen erscheinen aber schon so früh im Jahr, dass man sie den Winterblühern zuordnen kann.

Die Konkurrenz-Vermeider

Im Vollfrühling gibt es ein reichliches Blütenangebot und die bestäubenden Insekten haben die Qual der Wahl. Winterblüher vermeiden diesen Wettbewerb um Bestäuber mit anderen Pflanzen. Bei der Virginischen Zaubernuss konnte nachgewiesen werden, dass jene Exemplare, die im Winter blühen, zwar nur von wenigen Insekten besucht werden, ihr Bestäubungserfolg aber höher ist als der von später blühenden Artgenossen. Die wenigen winteraktiven Bestäuber – vor allem handelt es sich um Hummeln und Fliegen – reichen aus.

Die üblichen Verdächtigen

Eine wichtige Ursache für blühende Wintergärten sind natürlich die Gärtnerinnen und Gärtner selbst. Durch die Selektion passender Pflanzen schaffen sie eine Palette an Züchtungen, die als Winterblüher den Garten verschönern. Beliebt sind unter anderem Schneeball-Kreuzungen wie Viburnum x bodnantense, wo einer der Kreuzungspartner der winterblühende Farrer-Schneeball ist.

Überleben in der Kälte

Wie schaffen es die Winterblüher, die frostempfindlichen Blüten im Winter zu erhalten? Hier gibt es unterschiedliche Strategien. Der Winter-Jasmin treibt einfach neu aus, wenn der Frost die Blüten dahinrafft. Bei Krokussen schließen sich die Blüten, wenn die Witterung zu rau ist. Eine besonders interessante Strategie hat die Stinkende Nieswurz, eine nahe Verwandte der Christrose. Im Blütennektar enthaltene Hefen verbrennen den Zucker und erzeugen dabei Wärme. Die Blüten können sich so um mehrere Grad aufheizen, wenn es kalt ist. Noch weiter geht der Stinkkohl aus Nordamerika, dessen Blütenstand sich durch Verbrennung von Stärke so stark erwärmt, dass sogar der umgebende Schnee schmilzt. In einer solchen warmen Stube verweilen die kältegeplagten Insekten gern.

 

von David Bröderbauer, Botanischer Garten


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