Weintrauben aus dem eigenen Garten

Im Garten meines Großvaters gab es dereinst über dem Erdkellerhäuschen eine Weinlaube mit herrlich süß schmeckenden Trauben im Überfluss. Ich konnte in so eine feste Traube wie in einen Apfel beißen. Heute weiß ich, dass es ein sogenannter Selbstträger war, nichts Aufregendes und doch köstlich.

Seit wir vor mehr als 40 Jahren unseren Kleingarten bekamen, träume ich von einem Weinstock im Garten. Dass dies nie Wirklichkeit wurde, ist nicht meiner Zögerlichkeit geschuldet, sondern dem Wissen, dass so ein Weinstock einen guten Standort braucht und nebstbei auch gepflegt und geschnitten werden muss. Ein Weinstock ist zwar ziemlich anspruchslos, aber nur wenn er bekommt was er braucht. Dazu kommt, dass er als Kind des Südens von Sonne und Wärme verwöhnt ist, stark windige, ausgesetzte Lagen nicht schätzt und humusreichen, etwas kalkhaltigen Boden bevorzugt.

Standort

Damit Weinreben im Garten wachsen und Früchte tragen, brauchen sie also einen warmen, vollsonnigen Standort, daher ist in einem kühleren Gebiet ein geschützter Platz wichtig, der sich im Idealfall an einer nach Süden ausgerichteten Hauswand befindet. Obwohl so ein Weinstock humusreichen Boden bevorzugt, sind die Ansprüche an den Boden eher gering, günstig sind tiefgründige, mineralische Böden, die nicht zu feucht sind. Sie erwärmen sich im Frühjahr schneller.

Pflanzzeit

Natürlich können Weinreben auch im Herbst gepflanzt werden, doch der geeignetste Zeitpunkt ist April bis Mai, da hat die Rebe Zeit, sich an den Standort zu gewöhnen und Wurzeln zu schlagen. Also geht‘s daran ein knapp einen Quadratmeter großes und gut 50 cm tiefes Pflanzloch auszuheben, den Untergrund zusätzlich aufzulockern und dann die Rebe, versehen mit einem guten Schub abgelagerten Kompost, leicht schräg zum vorbereiteten Spalier zu pflanzen. Wichtig ist, dass die Veredelungsstelle über der Erde liegt, und der Stock danach kräftig eingegossen wird, wobei Staunässe Gift für die Rebe ist. Die Wurzeln gehen meist gut zwei Meter, in idealen Böden noch viel tiefer in den Boden, daher kümmern sich die Wurzeln im Laufe der Zeit selbst um die nötige Wasserzufuhr.

Düngung

Für die spätere „Erziehung“ ist es vorteilhaft, ausreichend Platz zu lassen, denn aus einer Weinrebe kann eine rund sechs Meter breite Spalierpflanze entstehen. Mit herkömmlichem Dünger hat Wein wenig Freude, er enthält zu viel Stickstoff, daher versorgt man ihn im Frühjahr mit zwei bis drei Liter Kompost. Ansonsten benötigen Weinreben und Tafeltrauben keine besondere Behandlung, weder beim Pflanzen noch in der Pflege. Ein Weinstock ist ähnlich wie eine Rose zu behandeln, wenn man einige Grundregeln in den ersten Jahren beim Schnitt beachtet.

Wuchsform

Apropos Spalier, die Echte Weinrebe ist ein strauchförmiges Gehölz, das zwischen 10 und 20 Meter hoch klettern kann. Der holzige Stamm hat eine braune Rinde, die Zweige sind bräunlich gelb bis braunrot gefärbt, meist kahl, selten filzig behaart. Die Laubblätter sind rundlich bis herzförmig, mit einer schmalen Einbuchtung an der Basis, in der der Blattstiel ansetzt, und haben einen Durchmesser von bis zu 15 cm. Das Blatt teilt sich in fünf grobgezähnte Lappen, die Blattoberseite ist kahl, die Unterseite behaart. Meist sitzt nur ein Blatt mit seinem Stiel an den Ästen. Gegenüber davon ist eine Ranke, mit der sich die Echte Weinrebe an einer Kletterhilfe verankert. Das Spalier kann durchaus einfach, muss aber stabil genug sein, um das im Laufe der Jahre nicht unerhebliche Gewicht zu tragen.

Dass Weinreben mit ihren Haftorganen das Mauerwerk beschädigen können, wenn Sie Ihre Reben an der Hauswand hochziehen möchten, trifft vielleicht auf alte, löchrige Mauern zu, die mit Kalkmörtel verfugt wurden. Bei den heute glatt verputzten Wänden gibt es aber keine Angriffsflächen, außerdem stellen die Ranken das Wachstum ein, sobald sie sich an der Mauer verankert haben. Von Fenster- und Türrahmen sollten Sie die Reben durch rechtzeitiges Beschneiden fernhalten.

Schnitt

Weinreben im Garten gehören regelmäßig im Frühjahr und Sommer geschnitten. Der Schnitt ist neben dem Erziehen besonders wichtig, denn nur neue Triebe, die aus zweijährigem Holz wachsen, bilden Trauben aus. Die Triebe bindet man an ein Holzgerüst oder an Drähte, die zwischen Stützpfählen gespannt sind. Entwickelt die Weinrebe im Pflanzjahr mehrere Triebe, lassen Sie den Kräftigsten stehen und entfernen alle anderen. Ist der Trieb am Stützpfahl festgebunden, wächst der Stamm meist gerade und ist vor Bruch geschützt.

Im September schneidet man bis auf zwei bis drei Blätter alles zurück, was über die geplante Stammhöhe wächst. Der verholzte Haupttrieb wird in Stammhöhe abgeschnitten, dafür setzt man die Schere circa 3 cm über der letzten Knospe an. Ab Mitte Mai schneiden Sie die Frühjahrstriebe zurück und lassen maximal die fünf kräftigsten Triebe stehen, die Sie anschließend vorsichtig waagerecht, senkrecht oder in Gabelform am Spalier entlangziehen.

Winterschutz

Wie bei den Rosen, verteilt man vor Frostbeginn Erde oder Kompost um die Stammbasis der Reben, wenn sie an kühlen Standorten stehen. Im März entfernt man diesen Winterschutz und legt die Veredelungsstelle wieder frei, damit sie ausreichend Licht bekommt. Im ersten Winter sollten Sie frisch gepflanzte Weinreben mit Tannenreisig von allen Seiten abdecken, damit verhindert man zu starkes zurückfrieren. Sind in einer Region Spätfröste nicht unüblich, wählt man statt früh lieber spät blühende Sorten für den Garten, damit wird das Risiko eines Ernteausfalls reduziert.

Tafeltrauben

Für den Anbau von Weinreben im Garten eignen sich in erster Linie Tafeltrauben, diese tragen hauptsächlich Beeren für den Frischverzehr. Sie sind größer als die Trauben für die Weinherstellung, aber etwas weniger süß und saftig. Viele der heutigen weißen und blauen Tafelreben sind kernlos. Weinreben, die in Europa wachsen, befruchten sich selbst, da sie zwittrige Blüten besitzen. Sie brauchen also nur eine einzige Pflanze, um im Herbst Trauben zu ernten. Meist werden die Reben mit Hilfe des Windes bestäubt, obwohl sie durchaus von Insekten angeflogen werden.

Je nach Region und Sorte blühen Weinreben zwischen Mitte Mai und Mitte Juli. Dabei bilden sich gelbgrüne Blüten an den neuen Austrieben. Aus ihnen wachsen die Weintrauben, die je nach Sorte grüngelb, rostrot oder blauviolett sind.

Wenn Sie den Stock an die Hauswand gepflanzt haben, achten Sie darauf, dass die Rebe genügend Regen abbekommt. Und: Luftig liebt der Wein es nicht nur unter-, sondern auch oberirdisch – wo ein laues Lüftchen weht, wird es für Schädlinge ungemütlich.

Sollten Sie jetzt den Versuch als Winzer starten wollen, dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg, meint Ihr Redakteur.

 

von Friedrich Hauk


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