Der Duft von Weihnachten
Jahrhundertelang bewegten Gewürze wie Zimt, Muskat, Nelken und eine Reihe anderer exotischer Gewürze die Weltgeschichte. Für die Araber waren sie „der Duft des Paradieses“ und uns bringen sie heute noch Weihnachtsstimmung ins Haus.
Aus der Geschichte
Zimt soll bereits im zweiten Jahrtausend v.Chr. in China als Gewürz verwendet worden sein und kam durch Zwischenhändler über ein verzweigtes Netz der seit der Bronzezeit existierenden Seidenstraßen Asiens mit Karawanen in den Nahen Osten. Vorerst wurden die exotischen Gewürze im medizinischen und kosmetischen Bereich verwendet. Zimt war ein beliebtes Räuchermittel und wurde erst ab dem vierten Jahrhundert v.Chr. von den Griechen und Römern zum Kochen verwendet. Den Fund von Gefäßen mit Koriander, Lorbeer und Rosmarin in einer 1850 v.Chr. datierten Parfum-Manufaktur auf Zypern bestätigt Plinius der Ältere (römischer Gelehrter, 23-79 n.Chr.), mit einem Bericht, dass reiche Damen in Rom nach Zimt und Mischungen aus Kardamom, Zyperngras, Safran und Majoran dufteten.
Verschiedenen Hinweisen wie Logbuch- Angaben aus der Antike und einer Erwähnung von Plinius des Älteren zufolge könnte es einem Römer gelungen sein, auf der Indienroute nach Ceylon zu kommen. Das ermöglichte den Römern nicht nur den Transport auf dem Landweg, sondern auch mit Segelschiffen über den Indischen Ozean.
330 n.Chr. wurde das heutige Istanbul zur Handelsmetropole, wodurch vermutlich erstmals Muskatnuss und Gewürznelken von Indonesien nach Europa gelangten. Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches transportierten wieder Zwischenhändler die Gewürze, wobei jedoch die Wege der Seidenstraße aufgrund politischer Geschehnisse oft lange Zeit blockiert waren. Vor allem in den Gärten der Benediktiner hatten jedoch in der Zwischenzeit auch die exotischen Gewürze ihren Platz gefunden. Das beweisen auch die heilkundlichen Schriften der Benediktinerin Hildegard von Bingen (1098-1179), die oft über Wirkungen der damals vorhandenen Gewürze berichtete.
Während der Kreuzzüge zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert brachten die Schiffe der Soldaten neben Früchten und Edelsteinen auch Muskat, Nelken und Kardamom nach Europa. Gewürze wurden zum Statussymbol und die Reichen würzten die Speisen und Getränke mit Unmengen davon.
Anfang des 15. Jahrhunderts begannen die Portugiesen mit ihren Expeditionen entlang der afrikanischen Küste und errichteten nach der Entdeckung des Seeweges nach Indien durch Vasco da Gama das am längsten bestehende Kolonialreich mit Gewürzmonopol, das ihnen erst ab dem 17. Jahrhundert von den Engländern, Franzosen und Niederländern großteils entrissen wurde. Nach der ersten spezialisierten Warenbörse, die Ende des 15. Jahrhunderts für den Handel mit Gewürzen in Antwerpen entstand, startete die Vereinigte Ostindische Handels-Kompanie, ein Zusammenschluss Amsterdamer Gewürzhändler, im Jahr 1613 mit der ersten Aktie der Welt. 1798 löste die niederländische Krone die lange Zeit erfolgreiche, durch Misswirtschaft und Korruption bankrott gegangene Kompanie auf und übernahm die wirtschaftliche Kontrolle des Kolonialreiches.
Erst das Ende der Gewürzmonopole und der zeitweise exorbitanten Preise im 19. Jahrhundert ermöglichte auch dem „Normalbürger“ den Kauf exotischer Gewürze.
Zimt
Für den Welthandel wird getrocknete Rinde der Zweige des Zimtbaumes oder -strauches je nach Herkunft in drei hauptsächlichen Sorten unterschieden: Die qualitativ hochwertigste ist Ceylon-Zimt, ursprünglich aus Sri Lanka (hieß früher Ceylon), der heutzutage in vielen tropischen Ländern wie z. B. Madagaskar und Sansibar kultiviert wird. Der Ceylon- oder Echte Zimtbaum aus der Familie der Lorbeergewächse wird in der Kultur so geschnitten, dass sich Zweige bilden, deren Rinde zur Zimtgewinnung genutzt werden kann. Von der Rinde wird die dünne Bastschicht getrennt, sechs bis zehn Stück dieser feinsten Innenrinde ineinandergeschoben, sodass sie sich von zwei Seiten aufrollt. Nach dem Trocknen bleibt ihr Aroma lang erhalten.
China-Zimt, auch als Cassia oder Kassie bezeichnet, wächst in Südchina, Japan und in den Regenwäldern Sumatras. Da die Zweige bei der Ernte nicht so sorgfältig geschält werden und daher noch Korkreste enthalten können, rollen sie sich nur von einer Seite ein, enthalten viele Gerbstoffe, dadurch einen schärferen, leicht herben Geschmack, und erhalten beim Trocknen ein dünkleres Rot-Braun als Ceylon-Zimt. Das ätherische Öl von Cassia entfaltet ebenfalls durch das beinhaltete Zimtaldehyd sein Aroma, enthält wenig Eugenol, dafür aber das als gesundheitsschädlich geltende Cumarin.
Als bei der Kontrolle von Zimtprodukten aus der Lebensmittelindustrie erhebliche Überschreitungen nach der Aromenverordnung festgestellt wurden, reagierte die EU im Jahr 2008 mit einer Verordnung für saisonale und feine Backwaren, Dessertspeisen und Frühstücksgetreideerzeugnisse (z. B. Müsli), die Zimt enthalten, und setzten den jeweiligen Höchstgehalt an Cumarin fest.
Selten auf dem Markt zu finden, weil fast ausschließlich aus Wildwuchs in Südchina, sind Cassia Zimtblütenknospen. Im Aussehen ähneln sie durch die botanische Verwandtschaft der Gewürznelke, wobei im Aroma neben dem intensiven Zimtaroma ein wenig Vanille- und Pfefferaroma spürbar ist. Man verwendet sie für die Zubereitung von Punsch und Glühwein, für Wild- und Schmorgerichte.
Padang-Zimt ist der indonesische Zimt, der vor allem auf Sumatra ähnlich wie Ceylon- Zimt, jedoch aus bis zu drei Millimeter dicken Rindenstücken gewonnen wird und weniger aromatisch ist. Er kommt meist als Zimtpulver in den Handel.
Muskat
Muskatnuss und Muskatblüte sind in der Frucht des Muskatnussbaumes enthalten. Die Muskatnuss ist der im Kern der Frucht enthaltene Samen, die leuchtend rote Umhüllung des Kernes wird als Muskatblüte oder Macis bezeichnet.
Ursprünglich stammt der Muskatnussbaum von den Molukken, einer indonesischen Inselgruppe. Eine erste Erwähnung findet sich im Kräuterbuch des Regensburger Klosters Prüll aus dem 12. Jahrhundert.
Muskatnüsse kommen überwiegend im Ganzen in den Handel, weil sie in gemahlener Form schnell an Aroma verlieren. Besser ist, sie frisch in das fertige Gericht zu reiben.
Der leuchtendrote Samenmantel wird beim Trocknen hart und bernsteinfärbig. Er kommt gemahlen und in Stücke oder Streifen geschnitten in den Handel.
In den arabischen Ländern, im Iran und in Nordindien ist Muskat in allen Küchen zu finden und außerdem Bestandteil der Gewürzmischung Garam Masala. In Europa ist die Muskatnuss ein klassisches Gewürz für Gemüsegerichte, Saucen und einige Fleischgerichte, aber auch süße Zubereitungen wie Marmeladen, Kakao, Glühwein, Punsch und Kaffee können mit einer Prise aromatisiert werden. Die leichte Zitrusnote der Muskatnuss harmoniert unter anderem mit Limette und Zimt.
Die Muskatblüte wird großteils in der Lebensmittelindustrie eingesetzt, wie z. B. bei der Likörherstellung.
Gewürznelken
Auch die Gewürznelken kommen ursprünglich von der Inselgruppe der Molukken und auch heute noch kommen 80 Prozent der gesamten Erntemenge aus Indonesien.
Ätherische Öle enthalten alle Teile des immergrünen Gewürznelkenbaumes, der zur Familie der Myrtengewächse gehört. Der höchste Wirkstoffgehalt mitsamt dem leicht betäubend wirkenden Eugenol befindet sich in den noch ungeöffneten Blütenknospen. Für medizinische Anwendungen wird daraus das ätherische Öl extrahiert, für süße und herzhafte Speisen werden die Blütenknospen getrocknet oder gemahlen verwendet. Im Winter verleiht die Gewürznelke einem Punsch und in gemahlener Form gemeinsam mit Zimt, Muskatblüten und Ingwer Lebkuchen das typische Aroma. Kenner stecken ein „Nägelchen“ bei Zahnschmerzen oder auch bei unangenehmem Mundgeruch zwischen die Zähne. Dafür sollte man jedoch nur das Köpfchen verwenden, weil die Stiele beim Kauen einen bitteren Geschmack entwickeln.
Hochwertige, an ätherischen Ölen reichhaltige Nelken schwimmen aufrecht oder gehen unter, minderwertige liegen hingegen waagrecht im Wasser.
Sternanis
Sternanis wachsen auf einem immergrünen Baum der Familie der Magnoliengewächse, dessen Früchte die Form eines achteckigen Sterns haben. In jedem Fruchtblatt liegt ein Samen, das Aroma steckt jedoch in der Fruchthülle.
Sternanis würzt mit einem feinen Anisaroma z. B. Teemischungen, Aniskekse und Lebkuchen. In der asiatischen Küche ist Sternanis in fast allen Gerichten zu finden, daher auch Bestandteil der chinesischen, vietnamesischen und indonesischen 5-Gewürze- Mischung. Ursprünglich aus China kommend, wird er heute auch in Südostasien kultiviert. Die besten Qualitäten kommen aus Thailand, den Philippinen und aus dem Nordosten Vietnams, wo die Sternaniswälder noch aus der französischen Kolonialzeit stammen. Allerdings lohnt sich für die Bauern wegen des Preisverfalls die mühselige händische Ernte nicht mehr, sodass die Bäume immer mehr verwildern.
Vanille
Vanille vermehrt sich nur an wenigen Orten auf der Welt natürlich, d. h. die Farmer müssen sie per Hand bestäuben und händisch ernten, bevor sie zu Zwischenhändlern zum Fermentieren, Trocknen und Sortieren kommen. Die Kleinbauern müssen während der Blütephase täglich ihre Felder ablaufen und prüfen, welche Pflanzen sie schon bestäuben können.
Madagaskar, das seit jeher rund 80 Prozent der weltweiten Vanilleernte liefert, ist immer stärker von Korruption und Raubüberfällen betroffen. Wie festgestellt wurde, bleibt das Geld bei den Zwischenhändlern. Die Kleinbauern verdienen wenig, sodass die Kinder mithelfen müssen. Die bei Produzenten beliebte Bourbon-Vanille wächst jedoch nur auf Madagaskar, La Réunion und auf den Komoren. Dazu kommt ein Ernährungstrend, der natürliche Inhaltsstoffe fordert, wofür die Lebensmittelindustrie – vor allem in Jahren mit geringerer Ernte – teilweise exorbitante Preise auf dem Weltmarkt zahlen muss.
Da die Supermarkt-Regale aus diesen Gründen zeitweise leer sein können, wurde die Verwendung der Tonkabohne empfohlen. Der in der Sonne langsam getrocknete Kern der Tonkafrucht entwickelt Aromen wie Vanille, Marzipan oder Karamell und ist daher vielseitig für Süßspeisen verwendbar.
Wer Wert auf beste Qualität legt, findet – meist im Internet – Gewürzhändler, die über langjährige Lieferanten Einkaufsquellen in den ursprünglichen Plantagen haben. Diese Gewürze behalten ihr Aroma länger und man kann damit auch einem Feinschmecker Freude bereiten.
Text von Brigitte Mramor