Blattläuse - Ungebetene Gartengäste

Blattläuse gehören wohl zu den am wenigsten beliebten Insekten im Garten. Wobei streng genommen gilt das nicht für alle unsere Gartenmitbewohner*innen.

Ja, für viele Arten im Garten sind sie ganz im Gegenteil ganz besondere Leckerbissen und sie warten noch dazu mit einer spannenden Lebensweise auf: Von über 800 verschiedenen Blattlausarten (Aphidina), die in Mitteleuropa vorkommen, sind manche nicht auf nur eine bestimmte Wirtspflanze spezialisiert, sondern wechseln diese abhängig von der Jahreszeit. Im Garten finden sich meist Röhrenblattläuse (Aphididae). Dazu zählen die Grüne Apfelblattlaus, die Schwarze Bohnenlaus oder die Schwarze Kirschenblattlaus.

Überwinterung

Los geht der Zyklus im Herbst, wenn Geschlechtstiere, also Männchen und Weibchen gebildet werden. An besonders geschützten Stellen werden die widerstandsfähigen Eier abgelegt. Ein über Jahrmillionen gereiftes System lässt die Läuse den Winter in dieser Form an den Zweig-Enden von Gehölzen überdauern. Die Blattlausarten sind dabei von bestimmten Gehölzen abhängig. Im Frühling schlüpfen aus den Eiern Weibchen, die sich ungeschlechtlich vermehren. So bringt ein einziges Weibchen innerhalb weniger Wochen tausende Nachkommen zur Welt – eine erste Massenvermehrung.

Sommerfrische

Im Sommer entstehen dann geflügelte Tiere, die vom Wind verweht und so verbreitet werden. Viele von ihnen zieht es auf Sommerfrische – die meisten Arten stellen somit ihre Wirtspflanzen auf krautige Pflanzen um. Viele Arten bleiben dabei von bestimmten Pflanzen abhängig. So wechselt die Seerosen- Blattlaus von Steinobst auf Seerosen und die Rosen- Blattlaus auf diverse Karden- und Baldriangewächse. Einige Arten sind bei dieser Reise nicht wählerisch. So sucht sich die Mehlige Pflaumenblattlaus beinahe alle Sumpf- und Wasserpflanzen mit aus dem Wasser ragenden Pflanzenteilen als Wirt aus. Auch beinahe alle schädlichen Blattlausarten zählen auf diese Verbreitungsart. So wechselt etwa die Schwarze Bohnenlaus im Sommer von Pfarrerkapperl und Schneeball auf fast jede Pflanze, die sich im Gemüsegarten findet. Nur auf Kapuzinerkresse und Kreuzblütler wie Kohl hat sie keinen Appetit.
Blattläuse vermehren sich sehr stark, bis die Tragekapazität ihres Lebensraumes an der Futterpflanze erreicht ist. Nach deren Überschreiten bricht die Population zusammen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, geflügelte Tiere auszubilden, die Ausschau nach neuen Futterpflanzen halten.
Meist halten sich die Läuse an jungen Trieben oder an der Unterseite von Blättern auf. Bei starkem Befall krümmen sie sich bzw. rollen sich ein. Manche Arten verursachen blasig aufgetriebene Gebilde. Nur wenige Blattlausarten richten selbst Schaden an, übertragen aber sehr oft ungeliebte Viren.

Süßer Honigtau

Von den Läusen wird auch Honigtau ausgeschieden. Diese zuckerhaltigen Absonderungen verkleben die Blätter der Wirtspflanzen. Darauf finden Schadpilze wie die schwarzen Rußtaupilze ideale Keimunterlagen. Deshalb ist der Honigtau nicht gern gesehen. Ameisen aber haben den Honigtau zum Fressen gern. So sehr, dass sie die Tiere gegen räuberische Insekten verteidigen. Dazu melken sie die Läuse, indem sie auf den Hinterleib der Ameisen klopfen. Also fast wie unsereins die Kühe.
Im Honigtau leben zudem Mikroorganismen, die Duftstoffe produzieren. Diese wiederum locken Blattlausfresser an. Auch Blattläuse können diesen Duft wahrnehmen und fliegen daher nicht auf Pflanzen, die bereits von Blattläusen befallen sind. Rosenblattläuse etwa würden mit Rosen vorliebnehmen. Wurden die Blattläuse zuvor nicht bekämpft, sind im Mai/Juni Rosen zumeist mit Blattläusen belegt und die Tiere müssen auf Kardengewächse als Flugziel ausweichen. Sind Sie mit der Lausbekämpfung zu voreilig, locken Sie dadurch also viele potentielle Virenüberträger an. Warten Sie doch lieber auf nützliche Blattlausfresser. Mit ihrem Erscheinen verschwinden zwar nicht alle Läuse, aber diese werden sich bald unterhalb der Schadschwelle und sich im Gleichgewicht zu ihren Gegnern einstellen, das dann bis zum Herbst hält.

Blattlausliebhaber

Marienkäfer stehen von Kindheit an auf den Genuss von Läusen. Kaum sind sie aus den gelben Eigelegen an den Blattunterseiten geschlüpft, geht die Jagd schon los. Als Käferlarven sind sie ebenso geschickte Jäger wie als erwachsene Tiere.
Finden sich auf den Blättern parasitierte aufgeblähte Blattläuse, ist das das Resultat von Mutter Schlupfwespe. Sie legt ihre Eier mit einem langen Legestachel in die lebende Vorratskammer Blattlaus.
Auch Florfliegenlarven zählen zu den wichtigen Fraßfeinden. Die grünlichen zarten Insekten der namensgebenden „Goldaugen“ kommen im Spätherbst gerne in Garagen und Vorhäuser. Das hat ihnen den Drittnamen „Schneefliegen“ beschert, den sie quasi voraussagen.
Schwebfliegen legen ihre Larven ebenfalls gezielt in Blattlauskolonien, um die Larven gut versorgt zu wissen. Die Insekten erkennen Sie an ihrem stehenden Flug und die an Wespen angepasste Tarnung. Diese Mimikry der sonst harmlosen Insekten schützt diese vor dem Gefressenwerden.
Anlocken können Sie die erwachsenen Nützlinge etwa durch Doldenblütler wie Dill, Fenchel, Wilde Karotte oder Wiesenkerbel und andere Nektarpflanzen.
Nistkästen für Vögel aufhängen, zahlt sich ebenfalls aus: Eine 11-köpfige Kohlmeisenfamilie frisst vom Schlupf bis zum Ausfliegen der Jungen (21 Tage) rund 1,5 kg Insektenmasse!

Blasenbildung

Auch die Konkurrenz zwischen den Blattlausarten können Sie sich zunutze machen. Die Johannisbeer-Blasenlaus etwa überwintert an Ribiseln und Stachelbeeren. Früh im Gartenjahr, schon während des Austriebs, beginnt sie zu saugen. Das ruft Blasenbildung am jungen Laub hervor. In den Buchten machen es sich die Läuse gemütlich, die spätestens im Juni auf Lippenblütler wechseln. Im Sommer werden Sie die Laus nicht an Ribiseln finden. Als Ausnahme unter den Blattläusen machen diese Läuse keine Massenvermehrungsphase durch. Sie schädigen die Pflanze nicht, denn trotz der Blasen ist das Laub ebenso funktionstüchtig wie gesunde Blätter. Sind Sie aus rein optischen Gründen versucht die Blätter abzuzupfen, schädigt das die Pflanze mehr als die Laus. Als Folge kann die Kleine Johannisbeertrieblaus, die erst später im Frühling erscheint, für deformierte Triebe und tatsächliche Schäden sorgen. Lockt dagegen die Blasenlaus Fressfeinde an, fällt der Befall der Johannisbeertrieblaus weitaus geringer aus.

Was tun und was nicht?

  • Vermeiden Sie Überdüngung. Denn stark gedüngte Pflanzen enthalten sehr viel Wasser, die Zellen sind sehr weich und für Läuse leichter zu befallen.
     
  • Sorgen Sie für ein ausgewogenes Pflanzenwachstum, denn dieses stärkt die Abwehrkräfte der Pflanzen. Bodenlockerung und Bodenbedeckung (Mulchen) und die Düngung mit Kompost sind dazu förderlich.
     
  • Im Frühling helfen um die Stämme der Obstbäume anbrachte Leimringe als Schutz gegen die Ameisen als „Blattlaushelfer“. Dabei sollten Sie darauf achten, dass der Schutzring dicht aufsitzt und kein Spalt zwischen Ring und Baum frei bleibt.
     
  • Im Frühling auf die „Stammmütter“ der Läuse, die erste Weibchengeneration, achten. Oft machen sie es sich je auf einem Blatt gemütlich. Werden sie entfernt, können sie damit weniger Nachkommen „produzieren“.
     
  • Blattläuse abstreifen oder mit einem kräftigen Wasserstrahl gründlich abspritzen.
     
  • Nützlinge können Sie für Wintergärten und Gewächshäuser zukaufen: Die Larven von Florfliegen, Marienkäfern, Gallmücken und Schlupfwespen können Sie im Internet bestellen, gezielt an stark befallenen Pflanzen ausbringen und so für eine rasche biologische Schädlingsbekämpfung sorgen.
     
  • Bei immer wieder befallenen Obstgehölzen hilft eine Austriebsspritzung mit Pflanzenschutzmitteln auf Rapsöl-Basis.
     
  • Beim Griff zu Pestiziden fallen auch viele nützliche Insekten der Giftattacke zum Opfer. Oft sorgt auch die Bekämpfung von „Schädlingen“ mit Biomitteln für eine Verschlechterung der Situation. Nur im Notfall sollten Sie deshalb biologische Pflanzenschutzmittel mit den Wirkstoffen Kali-Seife, Rapsöl und Azadirachtin verwenden. Da diese auch Nützlinge schädigen können, sollten Sie diese nicht in Bereichen mit hohem Nützlingsaufkommen anwenden. (Neem ist nützlingsschädigend und tötet neben Blattläusen auch Schwebfliegen, Siebenpunkt-Marienkäfer, Florfliegen und Raubmilben. Selbst Schmierseife ist für Raubmilben und Schwebfliege gefährlich.) Meist erholt sich nach einem Gifteinsatz die Blattlauspopulation schneller als die ihrer Gegenspieler. Gelassen zu bleiben und die Natur – mit natürlichen Gegenspielern für sich arbeiten zu lassen, genügt also oft schon.

von DI Margit Beneš-Oeller - www.naturimgarten.at


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