Erklär mir das mal: Warum sind Pflanzen grün?

Im Wesentlichen lässt sich diese Frage mit einem einzigen Wort beantworten: Chlorophyll. Hierbei handelt es sich um grüne Farbstoffe, die von pflanzlichen Organismen für die Photosynthese gebildet werden.

Mit dieser einfachen Lösung können wir vielleicht beim nächsten Kreuzworträtsel glänzen, das eigentliche Warum haben wir aber nicht geklärt. Warum haben die Chlorophylle nicht eine andere Farbe? Warum sind sie nicht einmal grün, das nächste Mal blau und dann rot?

Lichtabsorption

Zunächst müssen wir klären, woher die meisten Farben in der Natur stammen. Wer im Physik-Unterricht aufgepasst hat, kann sich noch an das Phänomen der Lichtabsorption erinnern: Verschiedene Objekte absorbieren Anteile des Sonnenlichtes unterschiedlich stark. Dabei ist im sichtbaren Spektrum die komplette Farbpalette des Regenbogens verfügbar. Abhängig davon, welche Anteile absorbiert werden, entsteht eine Mischung aus den übrig gebliebenen Farben. In der Natur spielen auch noch andere Phänomene (v.a. Reflexion, Streuung und Fluoreszenz) eine Rolle bei der Entstehung des Farbeindrucks. Für die Beantwortung unserer Frage können wir diese allerdings vernachlässigen.

Die Absorption erfolgt durch spezielle chemische Verbindungen, die mit dem Sonnenlicht wechselwirken und ihm dabei einzelne Energieportionen, sogenannte Photonen, entziehen. Diese Substanzen werden Naturfarbstoffe bezeichnet und erfüllen die verschiedensten Funktionen, vom Schutz der Pflanze bis zur Energieversorgung durch Photosynthese. Die eingangs genannten Chlorophylle zählen zu dieser Gruppe von Verbindungen. Sie absorbieren die blauen und roten Anteile des Sonnenlichts und übrig bleibt das Grün.

Grünlücke

Die aufgenommenen Photonen besitzen eine genau definierte Energie, die durch den chemischen Aufbau der Farbstoffe vorgegeben ist. Durch die Bildung von Lichtsammelkomplexen können Pflanzen ihr Absorptionsspektrum von einer einzigen Energieportion auf einen breiteren Lichtbereich ausweiten. Um Energie aus dem gesamten Spektralbereich des sichtbaren Lichtes verwerten zu können, müssten sie aber eine Vielzahl unterschiedlicher Moleküle produzieren. Dies würde zu einem sehr komplexen Syntheseapparat führen, der dem natürlichen Streben nach Einfachheit und Energieminimierung widerspricht. Die meisten Pflanzen haben sich also auf einen bestimmten Spektralbereich spezialisiert und bilden zwei bis drei unterschiedliche Farbstoffe.
Betrachtet man allerdings die Intensitätsverteilung des Sonnenlichts, findet man ein Maximum im Bereich des grünen Lichtes. Das bedeutet, dass die häufigsten Photonen, die auf die Erdoberfläche auftreffen, tatsächlich grün sind. Da ist es verwunderlich, dass Pflanzen gerade in diesem Spektralbereich eine Absorptionslücke aufweisen und diese Energieportionen nicht aufnehmen. Dieser Umstand lässt sich nur evolutionsgeschichtlich erklären.

Evolution

In der Frühzeit der Erdgeschichte, lange vor der Entwicklung von Fauna und Flora, waren es vor allem Einzeller, die unseren Planeten bevölkerten. In den schwefelreichen Urmeeren herrschten optimale Bedingungen für das Wachstum von Purpurbakterien. Auch diese Lebewesen betreiben Photosynthese und brauchen dafür die Energie aus dem Sonnenlicht. Als Pioniere einer neuen Form der Energiegewinnung konnten sie sich allerdings auf die häufigste Photonensorte spezialisieren und absorbieren die grünen Anteile des sichtbaren Lichts. Übrig bleiben Blau und Rot, wodurch die Einzeller in einem leuchtenden Purpur erscheinen.
Mit der abnehmenden vulkanischen Aktivität änderten sich die Bedingungen in den Urmeeren, was das Wachstum einer neuen Spezies ermöglichte: Cyanobakterien. Zur Zeit ihrer Evolution war unser Planet allerdings bereits von den Purpurbakterien bevölkert und die neuen Akteure mussten auf die verbleibenden Ressourcen zurückgreifen. Sie bildeten Chlorophylle, mit denen sie blaues und rotes Licht nutzen konnten, das von den Purpurbakterien nicht verwertet wurde. Zu unserem Glück konnten sich die Cyanobakterien im Kampf um die urzeitliche Vorherrschaft durchsetzen. Erst ihre Form der sauerstoffbildenden Photosynthese ebnete den Weg für die Entwicklung höherer Lebensformen.

Praxistipp

Pflanzenlampen strahlen Licht mit einem Spektrum ab, das genau auf ein Gewächs abgestimmt sein kann, wodurch die hineingesteckte Energie effizienter verwertet wird. Allerdings bestehen zwischen den verschiedenen Leuchtmittel-Typen deutlich höhere Unterschiede in der Energie-Effizienz, worauf man beim Kauf unbedingt achten sollte. Sinnvolle Anwendung finden solche Lampen vor allem beim Vorziehen oder in Gewächshäusern ohne ausreichend Sonnenlicht. Ob sie für die Beleuchtung von Zimmerpflanzen notwendig sind, ist Geschmackssache. Immerhin wollen wir nicht unbedingt in einem violetten Raum sitzen. Ganz im Gegenteil: Wir erfreuen uns am saftigen Grün!

Resümee

Wie Sie sehen, liebe Leserinnen und Leser, versteckt sich hinter manchen Fragen mehr, als man auf Anhieb vermuten würde. Die meisten Rätsel können aber mit Hilfe unserer wissenschaftlichen Erkenntnisse aufgeklärt werden, denn in der Natur passiert nichts ohne Grund. Ich freue mich auf die kommenden Monate, in denen wir unserer Welt weitere Geheimnisse entlocken werden!

Strebergarten von Maximilian Wolf